16. August, 2025

Startups & VC

Cowboy am Abgrund – E-Bike-Vorzeigestart-up kämpft ums Überleben

Der belgische Hersteller vernetzter E-Bikes galt als eines der spannendsten Mobilitäts-Start-ups Europas. Heute lasten Millionenverluste, ein teurer Rahmenrückruf und verärgerte Kunden auf dem Unternehmen. Eine Notfinanzierung verschafft Gründer Adrien Roose nur eine Atempause.

Cowboy am Abgrund – E-Bike-Vorzeigestart-up kämpft ums Überleben
Von 170 auf 40 Millionen Euro – Die Bewertung des E-Bike-Start-ups Cowboy ist in wenigen Jahren dramatisch eingebrochen.

Von der Erfolgsstory zur Dauerbaustelle

Als VanMoof 2023 krachend pleiteging, nutzte Cowboy die Gelegenheit, um sich als gesünderer Konkurrent zu präsentieren. CEO Adrien Roose betonte damals, das Unternehmen stehe stabil.

Die Realität: Seit der Gründung 2017 schreibt Cowboy durchgehend Verluste, der Break-even wurde mehrfach verschoben. 2024 sollte das Jahr der Profitabilität werden – nun ist es 2025, und die Zahlen fehlen immer noch.

Frisches Geld – aber zu welchem Preis?

Am Donnerstag meldete Cowboy eine kurzfristige Finanzierung und den Einstieg der französischen Rebirth Group. Wie hoch die Summe ist, zu welchen Bedingungen sie fließt und welchen Einfluss die Pariser künftig haben werden, bleibt unklar.

Sicher ist nur: Rebirth bringt Branchenkenntnis mit – und Cowboy braucht jeden Vorteil. Die verspätete Jahresbilanz will das Unternehmen im September vorlegen.

Adrien Roose unter Druck – Der Cowboy-CEO kämpft nach Jahren hoher Verluste und einem gefährlichen Rückruf um das Überleben seines Start-ups.

Rückruf als Risiko – Kunden und Händler frustriert

Der im Juni gestartete Rückruf eines Tiefeinsteigermodells wegen möglicher Rahmenbrüche ist für einen Hersteller mit knappen Mitteln brandgefährlich. Cowboy nennt weder den Umfang noch die Kosten.

Währenddessen berichten Kunden auf Trustpilot von monatelangen Wartezeiten auf Reparaturen, Ersatzteile oder Rückzahlungen. Händler wie Philippe Van Eekhout wenden sich öffentlich ab und kritisieren den Umgang mit Vertriebspartnern als „katastrophal“.

Liquiditätsdruck und schrumpfende Bewertung

Im September 2024 sammelte Cowboy noch 6,5 Millionen Euro ein – ein Bruchteil früherer Runden. Die Bewertung sackte von einst über 170 Millionen Euro auf rund 40 Millionen.

Gleichzeitig drückt ein Schuldenberg von 45,5 Millionen Euro. Hauptkreditgeber Triple Point Capital verlangt Zinsen zwischen 10 und 12 Prozent – teuer für ein Unternehmen, das 2023 fast 22 Millionen Euro Verlust machte.

Abgänge im Top-Management – Übernahme im Gespräch

Marketingchef, Kundendienstleiterin, Kommunikationschefin und der Verantwortliche für Kostensenkungen sind binnen weniger Monate gegangen. In Belgien wird offen über eine Übernahme und einen möglichen Führungswechsel spekuliert. Offiziell bleibt Roose CEO, sein Mitgründer Tanguy Goretti CTO. Doch selbst Goretti räumt ein: „2025 wird ein entscheidendes Jahr.“

Zwischen Hoffnung und Realität

Ersatzrahmen sind inzwischen eingetroffen, ein Rückrufzentrum arbeitet. Cowboy spricht von einer „Rückkehr zur Normalität“. Ob das reicht, um verlorenes Vertrauen, ausbleibende Lieferungen und Investorenfrust zu überwinden, ist unklar. Die Notfinanzierung stoppt den freien Fall – noch. Ob das Unternehmen wieder Fahrt aufnimmt, entscheidet sich in den kommenden Monaten.

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