Gewinnsprung statt Rückschritt
Analysten rechneten mit einem Dämpfer – die Commerzbank liefert ein Ausrufezeichen. Mit einem Nettogewinn von 834 Millionen Euro übertraf das Frankfurter Institut im ersten Quartal 2025 nicht nur die eigenen Erwartungen, sondern auch die des Marktes deutlich.
Ein Plus von 11,7 % gegenüber dem Vorjahr – und der höchste Quartalsgewinn seit 2011.
Die Erträge zogen auf 3,07 Milliarden Euro an, ebenfalls zweistellig. Eine Zahl, die im Kontext aktueller makroökonomischer Unsicherheiten mehr als nur solide wirkt – vor allem angesichts der anhaltenden Zinssorgen, der gedämpften Kreditnachfrage und des zunehmenden internationalen Wettbewerbs im Firmenkundengeschäft.
Die Mär vom Sanierungsfall
Noch vor wenigen Jahren galt die Commerzbank als ewiger Restrukturierungskandidat – zu klein, zu schwach, zu zersplittert. Heute sieht das anders aus.
Unter der Führung von Vorstandschefin Bettina Orlopp, die seit Anfang des Jahres das Ruder übernommen hat, scheint sich das Blatt zu wenden. Die Bank wächst wieder – und das profitabel.
Orlopp kommentierte die Zahlen nüchtern, aber selbstbewusst:
„Wir haben den höchsten Quartalsgewinn seit 2011 erzielt und zeigen damit, dass wir auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wachsen können.“
Kein Pathos, kein Überschwang – sondern Zahlen, die für sich sprechen.
Italien schaut genau hin
Diese Zahlen dürften auch in Mailand für gespitzte Ohren sorgen. Denn UniCredit, Italiens zweitgrößtes Geldhaus, hat ein offenes Auge auf die Commerzbank. Mit einem Anteil von 9,5 Prozent ist UniCredit längst Großaktionär – nur der Bund hält mit rund 12 Prozent noch mehr.
Und die Pläne der Italiener reichen weiter: Die EZB hat bereits grünes Licht für eine Beteiligungserhöhung auf bis zu 29,9 Prozent gegeben. Auch das Kartellamt hat keine Einwände.
Obwohl die Commerzbank öffentlich keine Übernahmegespräche bestätigt, ist klar: UniCredit wittert eine Gelegenheit, den deutschen Markt nach der HypoVereinsbank-Integration weiter zu konsolidieren. Und mit dem heutigen Zahlenwerk steigt nicht nur der Preis, sondern auch die strategische Bedeutung.
Selbstbewusste Defensive aus Frankfurt
Doch das Haus an der Mainzer Landstraße sendet ein anderes Signal. Die starken Zahlen werden von Beobachtern auch als „Abwehrmaßnahme durch wirtschaftliche Stärke“ gelesen.
Denn eine Commerzbank, die wieder aus eigener Kraft wächst, braucht keinen ausländischen Retter – und schon gar keine zerschlagende Integration in einen italienischen Konzernverbund.
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Die Botschaft ist klar: Wer mitreden will, muss liefern. UniCredit steht damit vor einem Dilemma. Einerseits beflügelt das starke Quartal die Attraktivität der Beteiligung – andererseits wird eine Übernahme dadurch schwieriger zu rechtfertigen.
Die Commerzbank ist nicht mehr billig – und auch nicht mehr schwach.
Politische Implikationen inklusive
Dass der Bund nach wie vor größter Aktionär ist, verleiht dem Thema zusätzliche politische Brisanz. Eine stille Zustimmung zu einer Übernahme würde nicht nur Fragen nach dem Verkaufspreis, sondern auch nach strategischen Abhängigkeiten aufwerfen – zumal in einem Umfeld, in dem Finanzsouveränität wieder höher im Kurs steht als in den Jahren nach der Finanzkrise.
Während Italien wirtschaftspolitisch eher auf Zentralisierung und nationale Champions setzt, betont Berlin traditionell Zurückhaltung. Doch wie lange noch?
Analysten auf dem falschen Fuß
Für den Markt ist die Überraschung deutlich. Der durchschnittliche Analystenkonsens lag bei 698 Millionen Euro Gewinn – die tatsächliche Zahl übertraf das um fast 20 Prozent. Das wirft Fragen auf: War die Vorsicht übertrieben? Oder liefert die Commerzbank derzeit einfach besser als ihr Ruf?
In jedem Fall ist die Bank zurück im Gespräch – und das nicht nur als Übernahmekandidat, sondern auch als operativ erfolgreiches Institut. Der Blick auf die Eigenkapitalrendite, die Kostenquote und das Kreditgeschäft zeigt: Das Fundament ist stabiler als viele dachten.