Die Krise als Normalzustand
Der britische Traditionskonzern Burberry hat sein erstes Quartal im Geschäftsjahr 2025/26 besser überstanden als von Analysten befürchtet – ein Umstand, der im Luxussegment inzwischen schon als Erfolg verkauft wird.
Nur ein Prozent Umsatzrückgang meldete das Haus aus London, statt der prognostizierten drei. Doch wer genauer hinsieht, erkennt: Das Unternehmen befindet sich weiter im Sinkflug – nur eben langsamer.
Nach einem dramatischen Umsatzminus von sechs Prozent im Vorquartal ist das leicht abgeflachte Minus zwar ein kleiner Lichtblick, aber kein echter Befreiungsschlag. Besonders kritisch: Burberry verliert weiter an Strahlkraft in Asien – und das ausgerechnet in einem Markt, der einst als Wachstumsgarant galt.
Ein Hoffnungsschimmer namens Europa
Für Auftrieb sorgt ausgerechnet Europa – ein Markt, der bei vielen Luxusmarken längst nicht mehr als Zugpferd gilt. In der Region konnte Burberry zuletzt wieder wachsen. Die Herbstkollektion komme „gut an“, ließ CEO Josh Schulman mitteilen. Konkrete Zahlen zur Performance der neuen Linie blieb das Unternehmen allerdings schuldig.
Der neue Fokus auf ikonische Klassiker wie den Trenchcoat in modernisierten Silhouetten scheint auf dem alten Kontinent zu fruchten. In Asien dagegen, wo modischer Überschwang und Logo-Zurschaustellung lange gut funktionierten, greift der neue, bewusst reduzierte Burberry-Look offenbar nicht. Auch die wirtschaftliche Abkühlung in China und die Zurückhaltung chinesischer Touristen in Europa dürften zur Schieflage beitragen.
Schulmans Stilwende – und die Frage nach dem Timing
Josh Schulman, der erst vor wenigen Monaten an die Spitze des Konzerns rückte, hat eine klare Mission: Burberry wieder als globale Luxusmarke zu etablieren – und sich dabei von kurzfristigem Trenddenken zu lösen. Seine neue Strategie setzt auf Design, Markenidentität und die Rückbesinnung auf das, was Burberry einst ausmachte.
Doch der Kurswechsel kommt spät. Während andere Häuser wie LVMH, Hermès oder Prada längst bewiesen haben, wie man globale Begehrlichkeit erzeugt – durch neue Produktwelten, Markenbotschafter und ein durchkomponiertes digitales Ökosystem –, muss Burberry vieles davon erst aufbauen.
Es fehlt nicht nur an Sichtbarkeit, sondern auch an Substanz. Selbst Fashion-Influencer sprechen nur noch selten über das britische Label.
Asien bleibt das Sorgenkind
Besonders schmerzhaft ist der Rückgang in Asien, einem Markt, der lange den Takt vorgab. In China, Südkorea und weiteren Kernregionen gingen die Umsätze erneut zurück. Die Gründe sind vielfältig: wirtschaftliche Unsicherheit, ein wachsender Lokalstolz chinesischer Kunden – und der Aufstieg lokaler Premium-Labels, die Burberry im eigenen Revier bedrängen.
Auch geopolitische Spannungen und die Unsicherheit rund um Luxusimporte aus Europa dämpfen das Geschäft. Während andere westliche Luxusmarken über neue Flagship-Stores und Joint Ventures Marktanteile verteidigen, wirkt Burberry in Fernost zunehmend blass.
Trenchcoat allein reicht nicht mehr
Dass sich der Kurs der Aktie nach der Mitteilung etwas stabilisierte, ist eher ein Ausdruck der geringen Erwartungen als echter Zuversicht. Anleger hatten Schlimmeres befürchtet. Doch der Umbau der Marke braucht Zeit, Kreativität und Kapital – und vor allem neue Relevanz in einem zunehmend gesättigten Markt.
Die alte Formel aus Heritage, Karomuster und britischer Noblesse funktioniert nicht mehr allein. Schulman muss beweisen, dass Burberry mehr kann als nur Vergangenheit zu zitieren. Denn Marken wie Loewe, Bottega Veneta oder Jacquemus zeigen längst, wie man mit Design, Storytelling und radikaler Konsequenz neue Zielgruppen erreicht – auch digital.
Letzte Chance für die Herbstkollektion
Die Hoffnung ruht nun auf der kommenden Herbst-/Winterlinie. Sie soll zeigen, wohin die Reise geht – gestalterisch wie wirtschaftlich. Der Konzern setzt alles auf ein kontrolliertes Comeback. Doch die Branche ist gnadenlos. Wer in der Luxuswelt an Relevanz verliert, bekommt sie selten zurück.
Josh Schulman weiß das. Und deshalb klingt sein „Wir sehen erste Erfolge“ eher wie ein Mantra – als wie ein Fazit.
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