BNP Paribas legt eine Strategie vor, die in Europa nur wenige Banken anbieten können: gleichzeitig mehr Kapital aufbauen und Aktionäre belohnen. Während viele Institute noch mit Regulierungslasten, hoher Inflation und stagnierenden Kreditmärkten kämpfen, setzt Frankreichs Branchenprimus ein Ausrufezeichen.
Die Bank kündigt an, ihre CET1-Quote – also das harte Kernkapital – bis 2027 auf 13 Prozent anzuheben. Aktuell stehen 12,5 Prozent zu Buche. In Europas Bankenszene ist das ein Wert, der eine gewisse Souveränität markiert: solide, ohne überschüssig zu wirken, robust genug für eine Rezession, gleichzeitig kapitalmarktkompatibel.
Noch wichtiger für Investoren ist die zweite Botschaft: Die Rendite auf das materielle Eigenkapital (ROTE) soll bis 2028 auf 13 Prozent steigen – ein Niveau, das in Europa eher angelsächsisch anmutet. 2,1 Prozentpunkte mehr als 2024 sind für eine Universalbank kein kleiner Schritt, sondern eine echte Kurskorrektur.

Bonnafé dreht an der Kostenschraube
Bankchef Jean-Laurent Bonnafé ist bekannt für zwei Dinge: geduldige Kapitalallokation und kompromisslose Kostenkontrolle. Letztere zeigt sich nun deutlicher denn je.
Der Kosten-Ertrags-Quotient – die zentrale Messgröße der Bankenprofitabilität – soll:
- 2026 auf 61 Prozent,
- 2028 auf 58 Prozent sinken.
Damit nähert sich BNP Paribas jenen Regionen, die früher Investmentbanken vorbehalten waren. Je niedriger die Quote, desto effizienter das Institut – und desto höher der Hebel auf Gewinne.
Die Botschaft an die Branche ist klar: Während andere Häuser ihre Effizienzprogramme „überarbeiten“, ist BNP Paribas längst in der Umsetzung.
1,15 Milliarden Euro für das eigene Papier
Trotz der geplanten Kapitalaufstockung startet die Bank noch im November ein Aktienrückkaufprogramm über 1,15 Milliarden Euro. Der Schritt ist bemerkenswert:
- Rückkäufe signalisieren Vertrauen in die eigene Bewertung,
- sie reduzieren die Zahl der ausstehenden Aktien,
- und erhöhen automatisch den Gewinn pro Aktie.
BNP Paribas zeigt also, dass sie den Balanceakt zwischen Kapitalaufbau und Kapitalrückführung beherrscht – ein Thema, an dem deutsche Banken seit Jahren scheitern.

Das Timing wirkt ambitioniert – und genau deshalb strategisch
Die Bank stärkt jetzt ihren Puffer, obwohl die Kapitalanforderungen der EZB moderat bleiben. Sie senkt ihre Kosten in einem Moment, in dem viele Häuser wegen der KI-Transformation eigentlich investieren müssten.
Und sie erhöht die ROTE-Prognose, obwohl Europabanken bei Erträgen kaum Rückenwind verspüren. Dass die Aktie daraufhin über fünf Prozent zulegt, ist kein Zufall – Investoren suchen in Europa verzweifelt nach Instituten, die ihren Weg kennen und nicht von Quartal zu Quartal taktieren.
BNP Paribas erfüllt all das – und wirkt in ihrer strategischen Planung stabiler als Santander, profitabler als ING und weniger volatil als die Deutsche Bank.
Europas unterschätzter Gigant
Die Franzosen betreiben kein großes Börsenmarketing, sie liefern lieber Zahlen. In Kontinentaleuropa gibt es kaum ein Institut, das in den vergangenen Jahren so konsequent:
- Marktanteile gewonnen,
- riskante Aktivitäten abgestoßen,
- und Kapital aufgebaut hat.
Während andere Großbanken Wachstumsstagnation beklagen, befindet sich BNP Paribas in einer Position, in der sie antizyklisch investieren könnte – etwa in KI, Zahlungsverkehr, Infrastrukturkredite oder Asset Management.
Dass die Aktie trotz Rückkaufprogramm und hoher Kapitalquote weiterhin moderat bewertet ist, sagt mehr über den Zustand des europäischen Bankensektors aus als über BNP Paribas selbst.


