01. Juli, 2025

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BNP Paribas greift zu – HSBC zieht sich aus Custody-Geschäft zurück

Frankfurts Depotlandschaft verändert sich: BNP Paribas übernimmt das komplette Verwahr- und Custody-Geschäft der HSBC in Deutschland. Für Europas größte Depotbank ist das mehr als nur ein Zukauf – es ist ein strategisches Signal.

BNP Paribas greift zu – HSBC zieht sich aus Custody-Geschäft zurück
HSBC zieht sich aus dem deutschen Verwahrstellenmarkt zurück – ein weiterer Schritt im europaweiten Rückbau des Konzerns, der bereits sein Retailgeschäft in Frankreich und den USA verkaufte.

Frankfurt wird französischer

Die Meldung kam still, fast beiläufig – die Wirkung dürfte langfristig spürbar sein: BNP Paribas Securities Services übernimmt das Custody- und Verwahrstellengeschäft der HSBC Continental Europe, Deutschland.

Damit zieht sich die britische Großbank in einem zentralen Bereich des deutschen Fondsmarkts zurück – und überlässt der französischen Konkurrenz das Feld.

Die Übernahme umfasst nicht nur Kundenverträge, sondern auch sämtliche Mitarbeiter des Bereichs. Der Wechsel soll Anfang 2026 schrittweise umgesetzt werden – inklusive der Migration aller Depotkunden.

Ein strategischer Schritt mit 14,4 Billionen Euro Rückenwind

BNP Paribas verwaltet nach eigenen Angaben weltweit bereits ein verwahrtes Vermögen von 14,4 Billionen Euro. Der Vorstoß in den deutschen Custody-Markt ist damit Teil einer klaren Expansionsstrategie.

Patrick Colle, globaler Leiter von Securities Services, spricht offen davon, die Marktanteile in Europa weiter ausbauen zu wollen – auch gegen Wettbewerber wie State Street, Citi, Clearstream oder Northern Trust.

Gerade im deutschen Markt, der von regulatorischem Anspruch und institutioneller Komplexität geprägt ist, zählt Größe und Erfahrung. Die Integration des HSBC-Geschäfts verschafft BNP Paribas nicht nur neue Kunden, sondern auch Know-how, das im Kampf um Mandate entscheidend sein kann – etwa bei Spezialfonds, Versorgungswerken und Versicherern.

Mit 14,4 Billionen Euro verwahrtem Vermögen zählt BNP Paribas bereits zu den größten Custody-Anbietern weltweit – jetzt sichern sich die Franzosen auch die deutsche Plattform der HSBC.

HSBC zieht still den Stecker

Dass HSBC ihr deutsches Custody-Geschäft aufgibt, ist ein weiteres Kapitel im Umbau der britischen Bank. Schon in den vergangenen Jahren hatte sich das Institut aus mehreren europäischen Geschäftsbereichen zurückgezogen, unter anderem im Retailgeschäft in Frankreich und dem Privatkundengeschäft in den USA. Nun folgt der nächste Schnitt.

Für HSBC ist das eine Fokussierung auf das Kerngeschäft – für den Markt ein Rückzug aus einem lukrativen, aber margenschwachen Segment. Verwahrstellen sind in Deutschland regulatorisch wichtig, aber betriebswirtschaftlich anspruchsvoll.

Die hohen Fixkosten, die laufende Compliance-Last und der zunehmende Wettbewerbsdruck machen das Segment nur noch für große, spezialisierte Anbieter attraktiv.


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Der wahre Wert: Die Schnittstelle zum institutionellen Kapital

Die Übernahme ist auch deshalb brisant, weil der Custody-Markt kein reines Abwicklungsfeld mehr ist. Wer heute Verwahrstelle ist, sitzt an einer der strategisch wertvollsten Schnittstellen im Finanzsystem: Dort, wo regulatorische Infrastruktur, institutionelles Kapital und digitale Fondsservices aufeinandertreffen.

Gerade im deutschen Markt, in dem Spezialfonds, Master-KVGs und Versicherer einen immer größeren Teil des institutionellen Anlagevolumens ausmachen, gewinnt die Rolle des Custodians an strategischer Tiefe.

BNP Paribas dürfte genau deshalb zugeschlagen haben – und sich mit dem HSBC-Übertrag den direkten Zugang zu einem hochkarätigen Kundenkreis gesichert haben.

Integration mit Potenzial – aber nicht ohne Risiko

Dass sämtliche Beschäftigte des Geschäftsbereichs übernommen werden, zeigt: BNP Paribas will Kontinuität für die Kunden und Zugriff auf das Fachwissen.

Gleichzeitig ist die Migration solcher hochsensibler Prozesse – bei komplexen Mandatsstrukturen, regulatorischen Meldepflichten und Schnittstellen zu KVGs, Depotbanken und Fondsplattformen – stets auch eine operative Herausforderung.

Der Erfolg wird daran gemessen, wie reibungslos der Übergang verläuft. Kommt es zu Reibungsverlusten oder Umstellungskosten bei Kunden, droht ein Vertrauensverlust – und das in einem Markt, in dem Beständigkeit als zentrale Währung gilt.

Frankfurt als Knotenpunkt europäischer Depot-Architektur

Die Übernahme unterstreicht einmal mehr, welche Rolle Frankfurt im europäischen Finanzgefüge spielt. Für BNP Paribas ist der Standort nicht nur operative Zentrale – sondern auch politisches Signal: Die französische Großbank positioniert sich klar als europäisches Gegengewicht zu angelsächsisch geprägten Depotriesen.

Mit der Übernahme des HSBC-Geschäfts stärkt BNP nicht nur das eigene Profil in Deutschland, sondern auch das europäische Finanzzentrum Frankfurt als Custody-Hub.

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