Zwischen Trump-Rally und Volatilität: Bitcoin bleibt ein globaler Stimmungstest. Der Kurs der Ur-Kryptowährung hat seit Jahresbeginn alles geliefert, was man von einem Asset dieser Klasse erwarten kann – Euphorie, Ernüchterung, Erholung. Und nun: neue Hoffnung.
Die kommt diesmal nicht von Tech-Influencern oder Youtube-Gurus, sondern von der britischen Großbank Standard Chartered. Ihr Chefanalyst Geoff Kendrick sieht Bitcoin bei 120.000 Dollar – noch im Sommer. Und spricht offen von 200.000 bis Jahresende.

Zwischen Geldpolitik und Geopolitik
Dass Bitcoin als Krisenbarometer und Inflationsschutz taugt, ist nicht neu. Doch Kendrick verweist auf ein Detail, das oft übersehen wird: die sogenannte Term Premium – also die Laufzeitprämie für US-Staatsanleihen, die derzeit auf einem 12-Jahres-Hoch liegt.
Historisch betrachtet stieg Bitcoin immer dann besonders stark, wenn diese Prämie hoch war. Der Grund: Anleger misstrauen den klassischen Anleihemärkten – und suchen Alternativen jenseits der Zentralbankpolitik. Bitcoin ist für sie das Symbol dieser Unabhängigkeit.
Warum große Anleger wieder auf Bitcoin setzen
Noch ein Grund für den Optimismus: das Verhalten der Wale. Zwei Großinvestoren haben ihre Positionen jüngst sowohl bei fallenden als auch bei steigenden Kursen ausgebaut – ein Muster, das bereits bei früheren Rallys zu beobachten war.
Als Trump gewählt wurde, als Spot-ETFs zugelassen wurden – immer waren es die Wale, die frühzeitig akkumulierten und damit Trends vorwegnahmen.
Geoff Kendrick spricht von einem typischen "Kondensationspunkt": Wenn sich große Käufe, geopolitische Unruhe (Stichwort: China-USA-Zölle) und institutionelles Interesse überlagern, steigt der Preis oft explosionsartig.
Die 200.000-Dollar-Frage
Ist das realistisch? Technisch betrachtet: ja. Die Marktkapitalisierung würde sich bei einem Kurs von 200.000 Dollar auf rund 4 Billionen US-Dollar belaufen – in etwa die Hälfte der aktuellen Bewertung von Gold. Wenn nur ein Teil der globalen Kapitalströme aus Bonds und Aktien in Richtung Bitcoin umgeleitet wird, ist dieser Sprung denkbar.
Doch die Risiken bleiben. Ein regulatorischer Rückschlag – etwa durch eine Verzögerung bei der Stablecoin-Regulierung in den USA – könnte das Narrativ sofort kippen. Ebenso eine überraschend hawkishe Fed oder ein Kurssturz bei Tech-Aktien. Die Korrelation ist zwar geringer geworden, aber sie ist nicht verschwunden.
Ein Sommer zwischen Halving-Nachwehen und politischem Lärm
Was Anleger wissen sollten: Die starken Gewinne der Vergangenheit verteilten sich nie linear. Bitcoin-Rallys verliefen in der Regel in wenigen Wochen – und danach war oft lange Pause. Wer also noch auf den fahrenden Zug aufspringen will, braucht vor allem eins: gutes Timing. Oder Geduld.
Was Standard Chartered liefert, ist kein Kursversprechen – sondern ein Szenario. Es baut auf makroökonomischen Beobachtungen, Verhaltensmustern von Großinvestoren und wachsendem Interesse großer Vermögensverwalter. Es ist damit seriöser als viele Prognosen, aber auch keine Einbahnstraße.
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