Von der Schlagzeile zur Blamage
Kaum eine Woche nach der Ankündigung eines Einstellungsstopps für AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst ist in Mainz nichts mehr davon übrig. Innenminister Michael Ebling (SPD), der sich öffentlichkeitswirksam mit einem harten Kurs gegen die AfD zu profilieren versuchte, sah sich gezwungen, die Kehrtwende einzuleiten – nach massiver Kritik aus der juristischen Fachwelt.
Wir berichteten bereits:

Statt eines pauschalen Ausschlusses will das Ministerium nun doch jeden Einzelfall prüfen. Für Verfassungsrechtler war das Vorhaben von Anfang an klar unhaltbar. Und für die Öffentlichkeit bleibt vor allem ein Eindruck: politisch motivierter Aktionismus ohne juristisches Fundament.
Verfassungsbruch auf Zuruf?
Eblings Vorstoß, AfD-Mitglieder grundsätzlich von einer Tätigkeit im Staatsdienst auszuschließen, stand auf tönernen Füßen. Weder das Grundgesetz noch die geltende Rechtsprechung geben eine solche Praxis her.
Professor Joachim Wieland von der Universität Speyer stellte unmissverständlich klar: „Über die Eignung für den öffentlichen Dienst ist in jedem Einzelfall zu entscheiden.“
Auch andere renommierte Verfassungsrechtler warnten vor einer Aushöhlung rechtsstaatlicher Prinzipien. Das Parteibuch allein sei kein Kriterium für die Verfassungsfeindlichkeit eines Bewerbers – und dürfe es auch nicht sein.

Politische Symbolik statt rechtlicher Substanz
Doch genau darauf zielte Eblings ursprüngliche Linie: ein Signal setzen, klare Kante zeigen – ohne Rücksicht auf verfassungsrechtliche Implikationen. Dass dieser Kurs keine rechtliche Grundlage hatte, war offenbar zweitrangig.
Erst als die Kritik auch überregional in Fachkreisen Wellen schlug, versuchte das Innenministerium, die Aussagen der letzten Tage umzudeuten. Es habe sich lediglich um eine „missverständliche Kommunikation“ gehandelt, heißt es nun.
Fakt ist jedoch: Noch wenige Tage zuvor war in Pressemitteilungen explizit davon die Rede, dass Mitglieder extremistischer Organisationen – inklusive der AfD – pauschal vom Staatsdienst ausgeschlossen würden.
Zwischen Amt und Partei – eine gefährliche Vermischung
Kritik kam nicht nur von Juristen. Auch Oppositionspolitiker warfen Ebling vor, sein Amt mit parteipolitischen Interessen zu vermischen. Besonders deutlich äußerte sich Sebastian Münzenmaier, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion im Bundestag: Der Minister habe sich mit einem „durchsichtigen Manöver“ parteipolitisch profilieren wollen und dabei „dem Ansehen von Rheinland-Pfalz geschadet“.
Tatsächlich wirkt das Vorgehen des Ministers überhastet und undurchdacht. Wer sich als „Verfassungsminister“ bezeichnet, sollte rechtliche Standards nicht nur kennen, sondern auch einhalten – besonders dann, wenn es um den Zugang zum Staatsdienst geht.
SPD-Fraktion mit Rückendeckung – bis zur Rolle rückwärts
Besonders brisant: Die SPD-Fraktion im Landtag hatte Eblings Linie noch am 12. Juli ausdrücklich begrüßt.
Die damals veröffentlichte Mitteilung sprach davon, dass Bewerber künftig bestätigen müssten, „kein Mitglied einer extremistischen Organisation“ zu sein – was nach landespolitischer Lesart auch die AfD umfasste. Eine solche Formulierung lässt wenig Interpretationsspielraum.
Dass das Ministerium nun behauptet, es habe nie ein Verbot geben sollen, wirkt wie eine Notbremse in letzter Minute – weniger aus Einsicht, mehr aus Angst vor verfassungsrechtlicher Klatsche.
Ein Rückzug mit Beigeschmack
Die neue Linie lautet nun: AfD-Mitglieder können durchaus eingestellt werden, sofern sie im Einzelfall als verfassungstreu gelten. Eine sogenannte „Zuverlässigkeitsprüfung“ soll das klären.
Damit kehrt Rheinland-Pfalz zur bestehenden Rechtslage zurück – die nie aufgehoben war. Das geplante Berufsverbot wird damit zur Episode politischer Symbolpolitik, die vor allem eines zeigt: Wie schnell demokratische Grundsätze geopfert werden können, wenn die Versuchung groß ist, sich parteipolitisch zu profilieren.
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