Der Pharmakonzern Bayer gibt sich für 2025 optimistischer: Der Konzern hebt seine Jahresprognose für Umsatz und Ergebnis deutlich an. Auf bereinigter Basis erwartet das DAX-Schwergewicht nun Erlöse zwischen 46 und 48 Milliarden Euro – jeweils rund eine Milliarde mehr als zuvor.
Das um Sondereinflüsse bereinigte EBITDA soll 9,7 bis 10,2 Milliarden Euro erreichen, ebenfalls 200 Millionen mehr als bisher angenommen.
Gleichzeitig wird aber auch der Preis dieser Entwicklung sichtbar: Wegen anhaltender Rechtsstreitigkeiten rund um Glyphosat und PCB stockt Bayer seine Rückstellungen massiv auf – allein im zweiten Quartal 2025 um 1,7 Milliarden Euro. Insgesamt kalkuliert der Konzern nun mit Sonderlasten von bis zu 3,5 Milliarden Euro. Das sind mehr als doppelt so viel wie bislang vorgesehen.
Monsanto-Altlasten: Ein teurer Schatten der Vergangenheit
Die juristischen Probleme stammen aus dem Jahr 2018, als Bayer den US-Agrarchemieriesen Monsanto für über 60 Milliarden Dollar übernommen hatte.
Damit holte sich der Konzern nicht nur das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat ins Haus – sondern auch tausende Klagen wegen angeblicher Gesundheitsrisiken. Bisher sind rund 61.000 Klagen noch anhängig.
Im zweiten Quartal musste Bayer nun 1,2 Milliarden Euro für Glyphosat und 530 Millionen Euro für PCB-Verfahren zusätzlich zurückstellen. Der Konzern begründet dies mit gestiegenen Anwaltskosten, einem ungünstigen Berufungsurteil – gegen das man juristisch vorgeht – und einem neuen Vergleich mit einer Klägerkanzlei.
PCB: Hirnschäden in Schulgebäuden – und teure Vergleiche
Auch die ebenfalls aus der Monsanto-Ära stammenden PCB-Klagen treiben die Belastungen in die Höhe. Die seit Jahrzehnten verbotene Chemikalie steht im Verdacht, in Schulgebäuden wie dem Sky Valley Education Center im Bundesstaat Washington zu massiven Gesundheitsschäden geführt zu haben.
Die Kläger machen PCB unter anderem für neurologische Schäden verantwortlich. Bayer verweist auf erste Vergleiche wie im Fall Burke, hält sich aber bedeckt zu Details.
Aktienkurs mit zaghafter Erholung – Vertrauen in Bill Anderson wächst
Trotz der milliardenschweren Sonderlasten zeigt sich der Markt verhalten optimistisch. Die Bayer-Aktie legte nach Bekanntgabe der Zahlen in einem insgesamt schwachen Marktumfeld leicht zu.
Der Kurs erholt sich seit dem Tief im April bei rund 18 Euro – ein Niveau, das weit entfernt ist von den 60 Euro, die vor der Monsanto-Übernahme als fairer Wert galten.
Analysten wie Richard Vosser (JPMorgan) loben vor allem die operative Entwicklung im Agrarbereich. Trotz eines um vier Prozent rückläufigen Quartalsumsatzes auf 10,7 Milliarden Euro blieb das bereinigte EBITDA mit 2,1 Milliarden Euro stabil – und lag über den Erwartungen. Besonders die Gewinnmarge im Agrargeschäft überraschte positiv.
Strategiewechsel unter Anderson: Weniger Management, mehr Fokus
Seit seinem Amtsantritt 2023 treibt CEO Bill Anderson einen grundlegenden Umbau des Konzerns voran. Das Management wurde verschlankt, Tausende Stellen im mittleren Führungspersonal gestrichen.
Ziel ist es, Entscheidungswege zu verkürzen und den Fokus auf margenstarke Geschäftsbereiche zu lenken. Die aktuelle Prognoseanhebung wertet der Markt als erstes Anzeichen dafür, dass dieser Weg Wirkung zeigt.
Hoffen auf den Supreme Court – und politisches Lobbying
Um das Glyphosat-Dilemma endgültig zu lösen, setzt Bayer auf ein Grundsatzurteil des US Supreme Court.
Der Kern des Streits: Darf ein Bundesstaat eigene Warnhinweise verlangen, obwohl die US-Umweltbehörde EPA Glyphosat für sicher hält? Bisher urteilen US-Berufungsgerichte uneinheitlich. Der Supreme Court wird frühestens 2026 entscheiden – bis dahin bleibt die Rechtslage unsicher.
Gleichzeitig intensiviert Bayer seine Lobbyarbeit in den USA. Man versucht, auf gesetzgeberische Klarstellungen hinzuwirken, um künftig Klagen auf Grundlage fehlender Warnhinweise zu unterbinden. Ob der Plan aufgeht, bleibt offen.
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