Agentursystem wird zum Auslaufmodell
Audi bricht mit dem eigenen Strategieplan. Statt wie ursprünglich angedacht bis 2026 durchzuhalten, kippt der Hersteller bereits zum 1. Juli 2025 den Agenturvertrieb für Elektroautos in Deutschland.
Der Grund: Das Modell funktioniert nicht – weder für Audi noch für die Händler.
Was 2024 mit viel PR und dem Versprechen digitaler Effizienz eingeführt wurde, endete in Frust und technischen Pannen. Nun sollen die Händler wieder verkaufen wie früher – mit voller Marge, aber auch voller Verantwortung.
Ein Modell ohne Fans
Der sogenannte Agenturvertrieb sah vor, dass Kunden ihre Elektroautos direkt bei Audi kaufen. Händler agierten nur als Vermittler, bekamen weniger Provision und mussten keine Fahrzeuge finanzieren oder lagern. Was nach Effizienz klang, wurde in der Praxis zum Bumerang.
Händler fühlten sich entmachtet, Kunden klagten über fehlende Flexibilität, und der Absatz blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück. Während der Marktanteil von Elektroautos in Deutschland bei 13,5 % lag, kam Audi auf magere 10,8 %.
Die Umstellung auf das Agentursystem verlief keineswegs reibungslos – wie oft behauptet –, sondern eher lautlos, weil schlicht zu wenig passierte. Interne IT-Probleme führten dazu, dass wochenlang kaum Fahrzeuge bestellt wurden. Das Vertrauen der Händler war dahin.
Becker-Fahr macht Tempo – und will Ergebnisse
Der neue Deutschlandchef Yves Becker-Fahr hat nun die Aufgabe, das Projekt leise zu beerdigen und gleichzeitig das Vertriebsteam hinter sich zu bringen. Die Rückkehr zur alten Verkaufslogik soll dabei schnell und möglichst geräuschlos erfolgen.
Anreize gibt es reichlich: Händler, die unterschreiben, bekommen im zweiten Halbjahr 2025 einen Bonus von 6,5 % auf jedes verkaufte Elektroauto – zusätzlich zur Grundvergütung von 10 %. Macht zusammen 16,5 % Marge. Für viele Händler ist das ein Angebot, das sie kaum ablehnen können.

Risiken bleiben – vor allem bei der Vorfinanzierung
Doch der Rückzug aus dem Agenturmodell hat seinen Preis. Wer unterschreibt, verpflichtet sich auch: Alle Bestellungen ab dem 1. Mai 2025 wandern in die Bücher der Händler.
Sie tragen wieder das volle Finanzierungsrisiko. Und auch die Fahrzeuge, die bereits unter dem Agenturmodell geordert wurden, sollen schnell aus Audis Bilanz verschwinden.
„Ziemlich unschlagbare Angebote“ nennt ein Händler die Rückkaufkonditionen. Doch die Angst vor zu vollen Höfen bleibt – vor allem in einem Markt, in dem die Nachfrage nach E-Autos nicht gerade boomt und die Zinsen für Zwischenfinanzierungen steigen.
Was falsch lief – und was das für andere Hersteller bedeutet
Nicht nur Audi, auch Mercedes, BMW und Stellantis experimentieren mit Agenturmodellen. Das Prinzip: mehr Kontrolle für den Hersteller, weniger Risiko für den Handel. Die Realität: komplizierter als gedacht.
Denn was Tesla als digitaler Direktvertriebspionier vormachte, lässt sich nicht eins zu eins auf gewachsene Vertriebsstrukturen übertragen. Vor allem nicht in einem umkämpften Markt mit schwankender Nachfrage und margenschwachen Produkten wie Elektroautos.
Dass Audi nun schneller aussteigt als VW, zeigt, wie dringlich die Lage ist – und wie hoch der interne Druck auf Ergebnisse.
Abschied vom Agenturtraum – Rückkehr zur Realität
Die Händlerverbände begrüßen die Rückkehr zur alten Ordnung. Auch Alexander Sauer-Wagner, Präsident des Partnerverbands, spricht von einer „tragfähigen Grundlage“ für die Zukunft. Doch ob es am Ende wirklich reicht, einfach zurückzuschalten, bleibt offen.
Denn der Wettbewerb wird nicht kleiner – und der Preisdruck steigt. Wer verkaufen will, braucht funktionierende Strukturen, überzeugende Produkte und flexible Prozesse. All das war im Agentursystem kaum möglich – und soll nun im Rekordtempo repariert werden.
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