14. Juli, 2025

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Amerikas Rohstoffoffensive: Wie MP Materials zum Staatskonzern wurde

Nach einem 400-Millionen-Dollar-Deal mit dem Pentagon steigt der Kurs von MP Materials um über 50 Prozent – und markiert den wohl sichtbarsten Machtzugriff Washingtons auf den Seltenerdmarkt seit Jahrzehnten. Doch wie strategisch ist das Investment wirklich?

Amerikas Rohstoffoffensive: Wie MP Materials zum Staatskonzern wurde
Rohstoffe als Machtmittel: Mit 400 Millionen Dollar steigt das Pentagon bei MP Materials ein – und sichert sich Zugriff auf die letzte verbliebene US-Seltenerdquelle.

Der Magnet der Macht

Plötzlich ging alles ganz schnell. Ein paar Seiten Vertragswerk, ein gewaltiger Scheck aus Washington – und schon ist aus einem ambitionierten Rohstoffplayer ein politischer Rohstoffarm des Pentagon geworden.

MP Materials, bislang vor allem Insidern als Seltenerdminenbetreiber aus dem kalifornischen Mountain Pass bekannt, steht seit letzter Woche im Zentrum der neuen US-Rohstoffstrategie: Das Verteidigungsministerium investiert 400 Millionen US-Dollar – und wird damit größter Einzelaktionär.

Quelle: Eulerpool

Dass es dabei nicht um bloße Portfolio-Diversifikation geht, dürfte klar sein: Mit dem Einstieg sichern sich die USA die Kontrolle über einen der letzten heimischen Produzenten von Neodym und Praseodym – zwei unverzichtbare Metalle für Elektroantriebe, Windräder, Smartphones und Raketen.

Militärisches Kapital – politische Kontrolle

Der Deal ist weit mehr als ein klassisches Investment. Neben der Beteiligung erhält MP Materials eine 10-jährige Abnahmegarantie zu einem Mindestpreis von 110 Dollar pro Kilo Magnetmaterial – staatlich garantiert, versteht sich.

Ergänzt wird das Paket durch eine Kreditlinie von einer Milliarde Dollar, gestemmt von JPMorgan und Goldman Sachs, um den Aufbau einer neuen Magnetfabrik zu finanzieren. Standort: noch unklar. Einfluss: maximal.

Das Pentagon hat sich damit nicht nur Kapazitäten, sondern politische Steuerbarkeit erkauft. MP wird mit einem Schlag vom privaten Minenunternehmen zum sicherheitspolitischen Akteur – und ist ab sofort nicht nur börsennotiert, sondern auch geostrategisch relevant.

Abhängigkeit umgekehrt? Noch 2020 kamen 80 % der US-Seltenerdimporte aus China – nun soll MP Materials zur sicherheitspolitischen Antwort werden.

Vom Börsenliebling zum Rohstoffmonopol

Die Aktie reagierte prompt. Über 50 Prozent Kursplus innerhalb eines Tages, ein historisches Hoch bei knapp 478 Dollar. Der Markt liest die Botschaft deutlich: Wer sich mit dem Staat verbündet, bekommt Wachstum – und Immunität gegen die üblichen Schwankungen in einem rohstofflastigen Zyklusgeschäft.

Der Preis für diese Sicherheit? Autonomie. Denn künftig wird MP Materials nicht mehr allein den Gesetzen von Angebot und Nachfrage folgen, sondern dem strategischen Taktstock Washingtons.

Das Unternehmen plant, bis 2028 eine zweite Großanlage zu errichten, die rund 10.000 Tonnen Seltenerdmagnete jährlich produziert – vollständig verplant für staatliche und industrielle Abnehmer. Damit wird MP faktisch zum Monopolisten auf amerikanischem Boden.

China als Schatten über dem Erfolg

Weniger laut, aber dafür umso drängender stellt sich die geopolitische Frage: Ist dieser Schachzug eine Antwort auf Chinas Dominanz im Markt für Seltene Erden – oder ein Eingeständnis, dass man die Kontrolle verloren hat?

China fördert und verarbeitet bis zu 90 Prozent aller Seltenerdmetalle weltweit. Die USA dagegen haben ihre industrielle Kapazität über Jahrzehnte ausgelagert – nun folgt der Rückbau in aller Eile.

Die Investition in MP Materials ist damit auch ein Versuch, verlorenes Terrain zurückzugewinnen – allerdings zu einem Preis, der Fragen aufwirft: Wie effizient ist staatlich abgesicherte Produktion wirklich? Und was passiert, wenn der Bedarf doch einmal einbricht?

Ein Unternehmen zwischen Markt und Macht

MP Materials wird in den kommenden Jahren eine neue Rolle einnehmen müssen. Es wird liefern – nicht mehr nur an Kunden, sondern an den Staat. Es wird Gewinne machen – aber auch politische Aufträge erfüllen. Und es wird wachsen – nicht, weil der Markt es fordert, sondern weil die Regierung es will.

Für Anleger bedeutet das eine paradoxe Gemengelage: weniger Risiko, aber auch weniger unternehmerische Freiheit. Ob sich daraus langfristig ein strategischer Vorteil oder ein schwerfälliges Rohstoffvehikel entwickelt, bleibt offen. Sicher ist nur: Die USA haben den Rohstoffkrieg offiziell eröffnet. Und MP Materials ist jetzt eine ihrer stärksten Waffen.

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