06. Juli, 2025

Unternehmen

AirAsia setzt auf Reichweite – und Risiko

Mit einer Milliardenbestellung für den Airbus A321XLR will der Billigflieger sein Streckennetz radikal ausweiten. Doch die Entscheidung für den kleinsten Langstreckenjet wirft strategische Fragen auf.

AirAsia setzt auf Reichweite – und Risiko
Der malaysische Billigflieger setzt auf den Airbus A321XLR – ein Flugzeug, das noch gar nicht ausgeliefert wurde. Der Erstflug des Modells ist erst für 2026 geplant, die FAA-Zulassung steht unter Vorbehalt.

Strategiewechsel mit Ansage

AirAsia, bekannt für knallrote Jets und ultraknapp kalkulierte Preise, plant einen Kurswechsel – nicht im Geschäftsmodell, aber in der Reichweite.

Die malaysische Airline hat beim europäischen Flugzeugbauer Airbus eine Absichtserklärung für 50 Maschinen des neuen Typs A321XLR unterzeichnet, mit Kaufoptionen für 20 weitere. Es ist ein deutliches Bekenntnis zur Mittelstrecke mit Langstreckenambitionen.

Kleiner Jet, große Pläne

Der A321XLR ist nicht irgendein Flugzeug. Er gilt als Gamechanger in der Luftfahrt. Ein Schmalrumpfjet, der mit zusätzlichen Tanks Langstrecken bewältigen kann – bis zu 8.700 Kilometer nonstop.

Das reicht für Routen wie Kuala Lumpur–Sydney oder Rom–New York. Genau solche Verbindungen will AirAsia künftig bedienen: lange Strecken, aber eben nicht die klassischen Hochfrequenzrouten großer Hubs.

Wir berichteten bereits:

Bringt Airbus mit dem A321 XLR die Revolution?
Direktverbindungen von kleineren Flughäfen zu globalen Zielen stehen kurz vor der Realisierung, da der Airbus A321 XLR die Wirtschaftlichkeit und Reichweite von Flugzeugen neu definiert.

Die Strategie dahinter: Flugziele abseits der Massen, die für große Langstreckenjets wie den Airbus A350 oder die Boeing 777 wirtschaftlich zu schwach wären, aber für einen kleineren Jet mit niedrigeren Betriebskosten gerade attraktiv genug.

Risiko in der Nische

Doch AirAsias Schritt ist auch ein Wagnis. Die A321XLR ist ein Pionier unter den sogenannten „Single-Aisle-Langstreckenjets“. Sie vereint Mittelstreckenstruktur mit interkontinentaler Reichweite.

Technologisch beeindruckend, aber mit begrenzten Komfortoptionen – besonders auf acht bis zehn Stunden langen Flügen. Die Passagiere sitzen eng, der Laderaum ist begrenzt, und Business-Class-Angebote bleiben oft auf Sparflamme.

Für eine Airline, die sich als „Low Cost, Long Haul“-Alternative neu positionieren will, ist das ein Balanceakt. Denn selbst im Billigsegment sind Langstrecken keine einfache Disziplin. Die Betriebskosten sind hoch, das Auslastungsrisiko auf neuen Strecken beträchtlich – besonders außerhalb großer Drehkreuze.

AirAsia setzt auf neue Märkte

Tony Fernandes, CEO von Capital A, dem Mutterkonzern von AirAsia, sieht im A321XLR dennoch die Zukunft. In Paris sprach er von „einer neuen Ära“ für die Airline, die sich vom reinen Regionalcarrier zum globalen Netzwerkbetreiber entwickeln wolle – allerdings mit anderen Mitteln als Emirates, Lufthansa oder Singapore Airlines.

Mit einer Reichweite von 8.700 Kilometern soll der A321XLR neue Märkte erschließen – doch sein Zusatz-Tankdesign wirft regulatorische Fragen auf. Die US-Luftfahrtbehörde prüft derzeit die Brandschutzmaßnahmen im Rumpf.

AirAsia will dort wachsen, wo andere Airlines keine Nachfrage sehen – in der „zweiten Reihe der Langstrecke“. Etwa von Kuala Lumpur nach Taschkent, von Bangkok nach Prag oder von Bali nach Darwin.

Möglich macht das die hohe Effizienz des Jets: Der A321XLR verbraucht laut Airbus rund 30 Prozent weniger Kerosin pro Sitzplatz im Vergleich zu alten Mittelstreckenfliegern. Und das bei rund 200 Passagieren.

Airbus profitiert doppelt

Für Airbus ist der Deal ein doppelter Erfolg. Einerseits stärkt der Auftrag das A321-Programm, das längst zum Rückgrat des Konzerns geworden ist. Von der A321neo-Familie wurden inzwischen mehr als 5.600 Stück verkauft – sie ist das meistverkaufte Modell der letzten Jahre. Andererseits zeigt die AirAsia-Bestellung: Die Nachfrage nach kleineren Langstreckenfliegern nimmt zu – und könnte den Markt grundlegend verändern.

Zum Vergleich: Die Boeing 757, die in den 2000er-Jahren ein ähnliches Marktsegment bediente, wurde mangels Weiterentwicklung eingestellt. Boeing hat mit der 737 MAX keinen vergleichbaren XLR-Gegner im Angebot – und arbeitet intern an einem völlig neuen Jetkonzept. Airbus hat also freie Bahn.

AirAsia plant den Langstreckeneinsatz ohne Komfortoffensive: Kein Business Class-Produkt, kein Ruheraum – acht bis zehn Stunden im Schmalrumpf gelten in der Branche als Zumutung für viele Passagiere.

Langstrecke im Umbruch

Der AirAsia-Deal steht auch sinnbildlich für die Veränderung der Langstreckenmärkte. Klassische Drehkreuzverbindungen verlieren an Bedeutung, während Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zunehmen. Möglich machen das Flugzeuge wie die A321XLR – aber auch ein verändertes Reiseverhalten.

Nach der Pandemie hat sich gezeigt: Geschäftsreisen schrumpfen, Urlaubsflüge bleiben. Günstige Direktverbindungen ohne Umstieg gewinnen an Attraktivität – gerade in Asien, wo neue Mittelschichten entstehen und kleinere Flughäfen wachsen.

Ein Modell mit Schattenseiten

Doch Kritiker warnen. Der A321XLR mag effizient sein – aber seine Reichweite wird teuer erkauft. Das zusätzliche Tankvolumen schränkt den Frachtraum ein. Und: Der Jet operiert am Limit seiner Struktur. Einige Experten bezweifeln, dass sich diese Flugzeugklasse langfristig durchsetzt – besonders wenn sich der Ölpreis deutlich verteuern sollte oder Klimaregeln strenger werden.

Auch regulatorisch ist noch nicht alles entschieden. Die US-Luftfahrtbehörde FAA prüfte zuletzt kritisch die Brandschutzkonzepte des neuen Mitteltanks – ein möglicher Stolperstein für die Zulassung in den USA.

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