Ein CEO, den niemand bestätigen will
Wenn Uwe Horstmann irgendwo auftaucht, hören in Berlin viele zu. Der Ex-Offizier und Partner der Wagniskapitalfirma Project A ist einer der sichtbarsten Investoren im deutschen Tech-Ökosystem.
Doch seine angebliche neue Rolle als CEO des Rüstungs-Start-ups Stark sorgt aktuell für Verwirrung – und für anwaltliche Drohgebärden.
Denn offiziell bestätigt ist nichts. Auch dementiert wird nichts. Stattdessen ließ Horstmann einen Medienanwalt vorschicken – mit einer Warnung vor rufschädigender Berichterstattung. Die üblichen Mittel also, wenn jemand nicht über etwas reden will, das wahr ist.
Was macht Stark eigentlich – und warum interessiert sich die Bundeswehr dafür?
Stark entwickelt sogenannte Kamikazedrohnen: unbemannte Fluggeräte, die ihr Ziel nicht nur aufspüren, sondern sich bei Aufprall selbst vernichten. Es geht um Präzision, Reichweite – und tödliche Effizienz.
Produkte wie das Stark-Modell „Virtus“ gelten als hochattraktiv für moderne Gefechtsfelder. Auch die Bundeswehr soll laut Informationen aus Verhandlungskreisen bereits Interesse signalisiert haben.
Das Unternehmen – so weit öffentlich bekannt – wurde 2024 gegründet, hat angeblich bereits zwei Finanzierungsrunden hinter sich und wird jetzt mit rund einer halben Milliarde Euro bewertet. Für ein Start-up ohne Webseite, ohne bekannte Verträge, ohne CEO eine bemerkenswerte Zahl.
Die Spur führt zu Quantum Systems – und wieder zurück
Der Kern der Geschichte ist so deutsch wie undurchsichtig. Stark wurde von Florian Seibel und Sven Kruck gegründet – zwei Köpfe, die auch hinter Quantum Systems stehen, dem wohl bekanntesten deutschen Drohnenhersteller. Quantum liefert unter anderem Aufklärungsdrohnen an die Ukraine und wird für 2025 mit 250 Millionen Euro Umsatz gehandelt.

Doch genau diese personelle und technologische Nähe sorgt für Nervosität. Investoren von Quantum erfuhren teils aus der Presse von der Gründung von Stark. Im Beirat soll es ordentlich geknirscht haben. Immerhin wirkte es, als würde das Management ein zweites Pferd ins Rennen schicken – möglicherweise auf Kosten des ersten.
Es folgte eine bemerkenswerte Strukturumstellung: Die Stark GmbH wurde aufgelöst, stattdessen die SDK SE gegründet – mit Sitz in Berlin, neuem Impressum und vielen Fragezeichen. Öffentlich zugängliche Informationen über die Besitzverhältnisse? Fehlanzeige.
Ein Name taucht immer wieder auf: Uwe Horstmann
Horstmann soll – so berichten mit der Angelegenheit vertraute Personen – von Anfang an maßgeblich an Stark beteiligt gewesen sein. Als Investor, Strippenzieher, möglicherweise mehr.
In einer Bundestagsdrucksache wurde er bereits im Vorjahr als „CEO Stark“ aufgeführt. Ob das ein Fehler war oder ein unbeabsichtigter Vorgriff? Bisher unbeantwortet.
Problematisch wird es vor allem, weil Horstmann bei Project A gerade einen neuen Fonds auflegt. Und wer Gelder institutioneller Investoren verwaltet, muss Interessenkonflikte vermeiden – nicht nur formell, sondern auch im Auftritt. In der Branche gilt: Wer selbst operativ tätig wird, verliert in der Regel Anspruch auf die sogenannte Carry, also die Gewinnbeteiligung aus dem Fonds.
Ob Horstmann seine Investoren über die Nähe zu Stark informiert hat, ist unbekannt. Project A äußert sich nicht. Doch der Umstand, dass sich gleich mehrere Investoren nun offenbar über ein separates Vehikel an Stark beteiligen dürfen, nährt die These: Man versucht, eine Geschichte zu reparieren, bevor sie öffentlich wird.
Verflechtungen und Verwirrung – ein Blick ins Board von Quantum
Die Grenzen zwischen Quantum und Stark mögen auf dem Papier gezogen worden sein, in der Realität wirken sie fließend. Mindestens fünf von sechs Quantum-Board-Mitgliedern sollen auch an Stark beteiligt sein – darunter Horstmann, Thomas Preuß (DTCP), Christian Saller (HV Capital) und Moritz Döpfner, der als Vertreter von Peter Thiels Beteiligungsfirma gilt. Gemeinsam kontrollieren sie laut Insidern acht von neun Stimmrechten bei Quantum.
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Ein E-Mail-Leak, über den bereits berichtet wurde, zeigt: Bereits 2024 warnte das Investorenkonsortium 10x Group vor einem möglichen Wettbewerb zwischen den beiden Firmen. Im Raum stand die Sorge, dass sich Stark und Quantum bei der Bundeswehr künftig ins Gehege kommen – bei Ausschreibungen, bei Personal, bei Geld.
Verteidigungstech als Goldrausch – aber mit ethischem Schatten
Was sich hier abzeichnet, ist nicht nur eine Geschichte über ein Start-up, sondern über eine neue Branche: Die Verteidigungsindustrie ist dabei, sich zu öffnen – für junge Unternehmen, für Wagniskapital, für neue Akteure. Das erzeugt Druck, Chancen und moralische Spannungsfelder.
Die Regeln des Silicon Valley – „move fast and break things“ – prallen auf sicherheitspolitische Realität. Wer für die Bundeswehr produziert, trägt Verantwortung. Und wer gleichzeitig mit mehreren Hüten durch die Rüstungswelt läuft, verliert an Glaubwürdigkeit – oder gefährdet sie zumindest.
Der Investor als Gründer als CEO als Strippenzieher: In der Tech-Szene ist das Alltag. In der Rüstung ist es ein Problem. Vor allem, wenn niemand offen sagen will, was genau er tut.
Was Stark noch verschweigt – und was das Problem daran ist
Bis vor Kurzem führte die Webseite von Stark ins Leere. Eine Art Online-Geisterflugzeug. Der einzige Vorstand, der öffentlich identifiziert werden konnte, ist André Schneider – ein ehemaliger Home24-Jurist, der sich bei LinkedIn als „General Counsel“ eines „Stealth Start-ups“ ausweist.
Auch Technikchef Johannes Schaback (ehemals CTO bei SumUp) und Aufsichtsratsvorsitzender Robert Maier (Ladenzeile) haben keine erkennbare Verteidigungsexpertise. Was sie bei Stark genau machen, ist unklar – öffentlich zugängliche Unterlagen sind rar.
In der Branche kursiert deshalb die Frage: Hat Stark – so „unabhängig“ das Unternehmen auch dargestellt wird – vielleicht doch auf Technologien, Prozesse oder Netzwerke von Quantum zurückgegriffen? Und falls ja: Mit wessen Wissen? Mit wessen Zustimmung?
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