Der Sozialstaat ist kein Selbstbedienungsladen
Bernd Raffelhüschen findet klare Worte. Für den Freiburger Finanzwissenschaftler ist die derzeitige Migrationspolitik der Bundesregierung „in weiten Teilen gescheitert“.
Nicht, weil Zuwanderung per se ein Problem wäre – sondern weil sie falsch gesteuert werde. „Migration muss sich für den Sozialstaat rechnen“, sagt Raffelhüschen. Das klingt trocken, ist aber in seiner Analyse glasklar: Deutschland holt sich zu viele Menschen ins Land, die auf absehbare Zeit kaum zum Gemeinwohl beitragen können.
Das falsche Verhältnis
Ein zentrales Problem ist für ihn das Geschlechterverhältnis. Derzeit würden überwiegend junge Männer einwandern – das birgt nicht nur soziale Sprengkraft, sondern sei auch ökonomisch unvorteilhaft.
„Wir brauchen mehr Frauen“, sagt Raffelhüschen, „und wir brauchen Menschen, die früh in den Arbeitsmarkt starten – nicht erst mit 30 und ohne Ausbildung.“
Einwanderung könne ein Gewinn sein, wenn sie gezielt gesteuert werde. Doch genau das fehle. Statt auf Qualifikation, Alter und Integrationsfähigkeit zu achten, werde eingebürgert, was die Antragszahlen hergeben. Dass Berlin sich für 2025 eine Zielmarke von 40.000 Einbürgerungen gesetzt hat, sorgt bei ihm nur für Kopfschütteln.

Staatsbürgerschaft als Massenware?
Tatsächlich liegen die Zahlen auf Rekordniveau. Allein 2024 wurden bundesweit rund 291.000 Menschen eingebürgert – ein Plus von 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Berlin hat sich das Tempo noch einmal deutlich erhöht. Zwischen Januar und Juni 2025 waren es bereits 20.000 – doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2024.
Das politische Ziel dahinter ist klar: Wer integriert ist, soll möglichst schnell dazugehören. Für Raffelhüschen und auch für Politiker wie Hessens Innenminister Roman Poseck ist das ein gefährlicher Trugschluss.
„Die Staatsangehörigkeit darf kein Belohnungssystem für Antragszahlen sein“, sagt Poseck. Einbürgerung sei kein Akt politischer Gnade, sondern müsse an klare Voraussetzungen gebunden bleiben.
Arbeit statt Illusion
Für Raffelhüschen ist die wirtschaftliche Bilanz vieler Migranten schlicht ernüchternd. „Wer mit 30 Jahren ungelernt ist und dann erst anfängt, Beiträge zu zahlen, reißt das Ruder in der Regel nicht mehr rum.“ Deutschland brauche nicht mehr Menschen, sondern die richtigen. Das bedeute: Junge, gut ausgebildete Einwanderer, die arbeiten wollen – und das auch dürfen.
Dabei nimmt der Ökonom auch die Politik in die Pflicht. Wer Menschen ins Land holt, ohne ihnen eine realistische Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu bieten, schaffe Frustration auf beiden Seiten. Das sei weder integrationsfördernd noch wirtschaftlich sinnvoll.
Leitkultur ist kein Unwort
Ein weiterer Punkt, den Raffelhüschen anspricht, ist die kulturelle Integration. Für ihn ist es selbstverständlich, dass Menschen, die nach Deutschland kommen, auch die hiesigen Werte teilen sollten.
„Wir leben in einer christlich-liberalen Ordnung“, sagt er. „Wer diese ablehnt, sollte weder einreisen noch eingebürgert werden.“
Das ist kein rechter Populismus, sondern nüchterner Pragmatismus. Integration funktioniert nicht ohne gemeinsame Basis – rechtlich, gesellschaftlich und kulturell. Wer hier lebt, muss das auch wollen. Sonst wird aus Einwanderung keine Teilhabe, sondern ein permanenter Parallelbetrieb.
Ein Einzelfall? Sicher nicht
Während Raffelhüschen seine Kritik äußert, besucht Bundesinnenminister Alexander Dobrindt die polnisch-belarussische Grenze. Gemeinsam mit seinem polnischen Amtskollegen Tomasz Siemoniak will er sich ein Bild von der Lage machen – und betonen, wie wichtig der Schutz der EU-Außengrenzen sei.
Die politische Inszenierung trifft auf reale Herausforderungen: Migration wird längst als geopolitisches Druckmittel eingesetzt – auch gegen Deutschland.
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