Der Einstieg ist keine Testfahrt – BYD greift durch
Als Tesla im April seinen ersten Showroom in Riad eröffnete, ließ BYD-Chefmanager Jerome Saigot keinen Zweifel daran, was als Nächstes kommt: zehn Standorte bis 2026, mindestens 5.000 verkaufte Fahrzeuge noch in diesem Jahr – und der klare Anspruch, den saudischen Markt nicht dem US-Rivalen zu überlassen.
Das Ganze ist Teil eines viel größeren Spiels: China und die USA kämpfen um die Mobilitätsvorherrschaft in einem Markt, der bisher kaum elektrifiziert ist – aber strategisch hochinteressant.

Ein Prozent Marktanteil – und trotzdem Milliardenchancen
Noch sind Elektroautos in Saudi-Arabien eine Randerscheinung. Laut PwC liegt der E-Anteil am gesamten Fahrzeugbestand unter einem Prozent. Schuld sind eine unzureichende Ladeinfrastruktur, hohe Einstiegspreise – und Temperaturen, die Akkus wie auch Batteriemanagementsysteme auf eine harte Probe stellen.
Dennoch: Das Potenzial ist enorm. Die Regierung pumpt Milliarden in die Diversifizierung der Wirtschaft, E-Mobilität ist ein Schlüsselprojekt des Staatsfonds PIF. Dieser unterstützt nicht nur Lucid Motors, sondern hat mit Ceer sogar eine eigene Marke gegründet – gemeinsam mit Foxconn.
BYD profitiert – vom Gegner
BYDs Strategie ist ungewöhnlich offen: Tesla soll helfen, den Markt vorzubereiten. „Je mehr Tesla über E-Autos spricht, desto mehr profitieren wir alle“, sagt Saigot. Ein Satz, der einerseits demonstrative Gelassenheit signalisiert – und andererseits cleveres Trittbrettfahren.

Denn die Aufmerksamkeit, die Tesla durch seine Marketingmaschinerie erzeugt, öffnet auch BYD Türen, ohne selbst Milliarden für Branding ausgeben zu müssen.
BYD – Chinas neuer Champion mit globalem Hunger
Was viele unterschätzen: BYD ist nicht irgendein Konzern. In China ist das Unternehmen Marktführer für E-Autos, nicht Tesla. Unterstützt durch den chinesischen Staat, hat BYD in den letzten Jahren seine Kostenstruktur optimiert, eine eigene Batteriefertigung aufgebaut und internationale Lieferketten etabliert.
Die aggressive Expansion nach Thailand, Indien, Brasilien – und nun Saudi-Arabien – ist kein Zufall, sondern politisch gewollt. Ziel: Exportüberschüsse, Technologieführerschaft und geopolitische Hebelwirkung.
Zwischen Vision und Realität
Trotz aller Expansion bleibt Skepsis angebracht. Die Infrastruktur in Saudi-Arabien ist bisher kaum e-tauglich. Schnellladepunkte sind rar, die Subventionen überschaubar. Zudem ist die Kundschaft an große, benzinbetriebene SUVs gewöhnt – für BYDs Flotte kein leichtes Umfeld.
Und dann ist da noch das politische Risiko: Ein autoritär regiertes Land, das Wirtschaftspolitik als geopolitisches Werkzeug nutzt, ist kein verlässlicher Partner auf lange Sicht.
Was Anleger wissen sollten
Anleger feiern BYDs Saudi-Strategie – seit der InvestmentWeek-Empfehlung (Ausgabe 43/23) legte die Aktie rund 25 % zu.
Doch mittelfristig zählt nicht nur das Verkaufsziel in Riad, sondern die Frage, ob BYD global weiter wachsen kann, ohne in geopolitische Bremsklötze zu rasen. Das Rennen mit Tesla ist offen – aber der Weg führt nicht nur durch die Wüste, sondern über politische Minenfelder.
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