04. Juli, 2025

KI

Wie Meta heimlich zum aggressivsten KI-Konzern der Welt wurde

Mit Hunderten Millionen Dollar lockt Meta-Chef Mark Zuckerberg Topforscher von OpenAI, Google und Anthropic. Jetzt formiert sich in Kalifornien ein KI-Labor, das nicht weniger will, als die Vorherrschaft in der Superintelligenz.

Wie Meta heimlich zum aggressivsten KI-Konzern der Welt wurde
Mit Ablösesummen von teils 100 Millionen Dollar holt Meta hochrangige Entwickler von OpenAI, Google und Anthropic – Kritiker sprechen von einem „Raubzug“ statt echter Forschungsstrategie.

Ein Team wie aus dem Baukasten – mit Preisschild

Es ist ein Manöver, das in der Techszene derzeit seinesgleichen sucht: Während Microsoft mit OpenAI verbunden ist, Google an Gemini feilt und Anthropic sich langsam vorarbeitet, geht Meta einen eigenen, aggressiven Weg – über Personal.

In den letzten Wochen hat Konzernchef Mark Zuckerberg gezielt führende Entwickler der Konkurrenz abgeworben – und daraus eine neue Einheit geschaffen: Meta Superintelligence Labs.

Der Name ist Programm – und das Team die teuerste KI-Spezialeinheit der Welt. Ex-OpenAI-Köpfe wie Shuchao Bi, Huiwen Chang oder Shengjia Zhao, führende Entwickler von Google DeepMind oder Gemini, und mit Alexandr Wang ein Strippenzieher aus der Datenwelt, der vorher Scale AI leitete.

Wer eine Mischung aus Eliteeinheit und Thinktank erwartet, liegt nicht falsch. Zuckerbergs Plan: eine Truppe, die schneller, entschlossener – und besser bezahlt ist als der Rest der Branche.

Hundert Millionen für den Wechsel

Wie viel Meta investiert, um diese „All-Star-Unit“ aufzustellen, ist nicht im Detail bekannt. Aber laut OpenAI-Chef Sam Altman sollen Wechselprämien von bis zu 100 Millionen Dollar geflossen sein.

Andere Stimmen aus dem Umfeld der abgeworbenen Entwickler sprechen intern von einem „Raubzug“. Meta selbst schweigt zu den Summen – und stellt stattdessen die Vision in den Vordergrund: Superintelligenz, offen, leistungsfähig, für alle.

Dabei wirkt vieles wie aus dem Drehbuch eines gut finanzierten Sci-Fi-Startups: eine geheimniskrämerische Gründungsphase, ein CEO, der von einer „historischen Mission“ spricht – und ein Team, das schon heute Dutzende Schlüsselentwickler der globalen KI-Szene umfasst.

Zuckerbergs neues KI-Labor wird von Alexandr Wang geleitet – dem ehemaligen CEO von Scale AI, an dem Meta sich im Juni für 14,3 Milliarden Dollar einkaufte.

Namen, die in der Öffentlichkeit kaum bekannt sind, in Fachkreisen aber zu den wenigen gehören, die an der Architektur moderner KI maßgeblich mitgewirkt haben.

Ein Investment, das Menschen kaufen sollte

Zentralfigur ist Alexandr Wang (28), zuvor CEO von Scale AI. Zuckerberg hat sich im Juni für 14,3 Milliarden Dollar mit 49 % an dem Unternehmen beteiligt – offiziell wegen des Datenzugriffs.

Inoffiziell galt der Deal vor allem der Person Wang selbst, den Zuckerberg intern als „Kriegs-CEO“ bezeichnet haben soll. Wang bringt nicht nur ein exzellent vernetztes Team mit, sondern auch einen Ruf als pragmatischer, kompromissloser Macher.

An seiner Seite: Nat Friedman, Ex-GitHub-CEO und zuletzt als Investor in etlichen KI-Projekten aktiv. Die bisherigen Meta-Veteranen wie Yann LeCun, der einst als KI-Pionier bei Meta galt, spielen im neuen Setup auffällig keine Rolle mehr. Zuckerbergs Botschaft ist klar: Die alten KI-Tage bei Meta sind vorbei – nun wird in Milliarden gedacht.

Meta als Rüstungskonzern der KI-Industrie

Der Zeitpunkt kommt nicht von ungefähr. Der globale Wettlauf um die besten Grundmodelle ist in vollem Gang, die Konkurrenz hat sich etabliert. OpenAI mit ChatGPT, Google mit Gemini, Mistral aus Paris, Anthropic mit Claude.

Meta dagegen: präsent, aber mit schwankender Strategie. Llama, die eigene Open-Source-KI, war zwar ein beachtlicher Schritt – aber weder in der Breite noch in der Anwendung konkurrenzfähig.

Jetzt geht Meta in die Vollen: Neben der Personaloffensive will der Konzern laut „The Information“ rund 29 Milliarden Dollar an frischem Kapital einsammeln – zweckgebunden für neue Rechenzentren und KI-Infrastruktur. Meta wird damit endgültig zum Schwergewicht in der KI – aber auf einem anderen Weg: über Marktanteil, Macht und Masse statt über organisches Wachstum.

Warum ausgerechnet Meta?

Zuckerberg begründet seinen neuen Kurs offensiv. In einem internen Memo schreibt er, Meta sei „in einer einzigartigen Position“, um Superintelligenz zu entwickeln – durch den Zugang zu Milliarden Nutzern, das bestehende Werbegeschäft und die Erfahrungen mit skalierbaren Produkten.

Meta verfüge über die nötige Infrastruktur, die Rechenleistung, die Distribution. Übersetzt heißt das: Während kleinere Labs forschen, kann Meta liefern.

Doch die Strategie ist nicht ohne Risiko. Schon mit dem Reality Lab, der AR/VR-Einheit rund um Metaverse und Datenbrille, hatte Zuckerberg in den letzten fünf Jahren rund 60 Milliarden Dollar versenkt – mit bislang überschaubarem Markterfolg. Kritiker fragen sich, ob Meta diesmal schneller sein wird – oder einfach wieder nur teurer.

Eine Frage des Vertrauens

Was Meta von anderen unterscheidet, ist nicht nur die Finanzkraft, sondern auch die Mentalität. Während OpenAI inzwischen stark reguliert und öffentlich diskutiert wird, operiert Meta intern abgeschottet und mit maximaler Kontrolle von oben. Das mag strategisch effizient sein – sorgt aber auch für Skepsis. Besonders in Europa, wo Datenschutz und Transparenz hoch gewichtet werden, ist Meta ohnehin kein Sympathieträger.

Hinzu kommt: Der Aufbau der neuen KI-Unit wirkt wie ein Versuch, möglichst schnell Abstand zur bisherigen Meta-KI zu gewinnen – personell, inhaltlich und kulturell. Zuckerberg selbst spricht davon, dass er die Gründung persönlich begleitet und mit „der nötigen Kühnheit“ vorantreibt. Die Frage ist nur, ob es wirklich Kühnheit ist – oder der Versuch, mit viel Geld verlorenes Terrain aufzuholen.

Das könnte Sie auch interessieren:

SoftBank, Superintelligenz und Milliarden: Wie Masayoshi Son die Zukunft kaufen will
Mit einem 32-Milliarden-Deal mit OpenAI und einer angekündigten Rechenzentrums-Offensive im Stargate-Projekt will der japanische Visionär nicht weniger als das Rückgrat der KI-Welt liefern – und sich selbst zur zentralen Figur einer neuen Superintelligenz-Ökonomie machen.