Investitionsminister – nicht nur Verwalter
Kaum im Amt, schon mit Machtanspruch: Lars Klingbeil, frisch ernannter Finanzminister und Vizekanzler der Großen Koalition, hat beim Amtsantritt keine Zweifel daran gelassen, wie er sein Ressort versteht.
Nicht als Buchhalter, sondern als politisches Steuerzentrum.
„Es ist mein Anspruch, nicht nur Finanzminister zu sein, sondern auch Investitionsminister dieses Landes“, sagte Klingbeil – und formulierte damit den wohl weitreichendsten Umbauanspruch an das Ministerium seit Jahrzehnten.
Inmitten einer Haushaltslage voller Risiken und globaler Konjunkturunsicherheit ist dieser Kurs bemerkenswert: Statt über Einsparungen oder Prioritäten zu sprechen, geht Klingbeil in die Offensive – mit dem 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen als Hebel und mit einem Apparat, den er bereits in Rekordzeit auf Linie gebracht hat.

Der Neue ohne Haushaltserfahrung
Die Ironie: Ausgerechnet einer, dem bisher kaum haushaltspolitische Erfahrung zugeschrieben wurde, will künftig entscheiden, wohin Milliarden fließen.
Klingbeil war bislang bekannt für seine Rollen in der Sicherheitspolitik und als Strippenzieher im Willy-Brandt-Haus. Von Steuergesetzgebung, Schuldenmanagement oder Haushaltsrecht war bisher wenig zu hören.
Doch Klingbeil hat vorgesorgt: Er bringt loyale und erfahrene Köpfe mit – und verlässt sich auf das Netzwerk seiner Partei. Rolf Bösinger (Steuern), Steffen Meyer (Haushalt), Jeanette Schwamberger (Internationales) und Björn Böhning (Regierungskoordination) sollen die Lücken füllen. Es ist ein eingespieltes SPD-Personalgefüge, das vom Finanzministerium bis ins Kanzleramt reicht.
Ein Ministerium wird neu aufgeladen
Offiziell trägt Klingbeils Ressort ab sofort auch Verantwortung für die „Transformationspolitik“. Was das konkret bedeutet? Noch unklar.

Doch bereits jetzt ist klar: Der Begriff soll zur Legitimation einer aktiveren Rolle des Finanzministeriums werden – als Ko-Architekt von Industriepolitik, Infrastrukturförderung, strategischen Subventionen. Die Richtlinienkompetenz des Kanzlers? Klingbeil will sie aus der zweiten Reihe mitgestalten – über Geld.
Dazu passt auch die Machtverschiebung zulasten des von der Union geführten Wirtschaftsministeriums. Klingbeil ließ sich explizit zusätzliche Kompetenzen übertragen.
Der SPD-Chef will nicht nur mitreden, sondern entscheiden – über Investitionen, Förderprioritäten, Wachstumspolitik. Ob das gelingt, hängt auch davon ab, ob das CDU-geführte Wirtschaftsressort dem Druck standhält.
Haushalt als Machtinstrument – oder Belastungsprobe?
Bis zum Sommer will Klingbeil den Bundeshaushalt 2025 im Kabinett verabschieden. Die Verhandlungen laufen – doch die Spielräume sind begrenzt. Ob das neue Sondervermögen tatsächlich zum Wachstumsmotor wird oder zur haushaltspolitischen Bürde, ist offen.
Denn trotz Grundgesetzänderung bleibt die Schuldenbremse ab 2026 scharf – und die finanziellen Verpflichtungen nehmen zu.
Dass Klingbeil keine klassische Konsolidierungspolitik anstrebt, wurde bei seinem ersten Auftritt deutlich. Keine Rede von Sparen, keine Andeutung von Subventionsabbau. Stattdessen: Investitionen, Industriepolitik, neue Wirtschaftsbereiche. Der Kurs ist klar – die Finanzierbarkeit nicht.
Der politische Umbau des BMF
Was Klingbeil wirklich plant, wird nicht nur der Haushalt zeigen, sondern das Verhalten im operativen Regierungsgeschäft.
Die SPD kontrolliert mit ihm nicht nur ein Schlüsselressort, sondern hat es personell im Eiltempo auf Linie gebracht. Dennis Rohde und Michael Schrodi, die neuen parlamentarischen Staatssekretäre, sind ausgewiesene Haushaltsveteranen – und zugleich SPD-Fraktionsloyalisten.
Die Botschaft an Koalitionspartner und Öffentlichkeit ist eindeutig: Das Finanzministerium ist nicht länger nur Zahlenwerkstätte – sondern politischer Schaltpunkt. Lars Klingbeil will gestalten. Und er will mitregieren – auch, wenn andere formell den Kanzler stellen.
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