Ein Hoffnungsschimmer im Wasserstoffnebel
Wer sich dieser Tage mit der Aktie von thyssenkrupp nucera beschäftigt, sieht vor allem eines: Bewegung. Nicht nach oben in großen Sprüngen, nicht nach unten im freien Fall – sondern ein vorsichtiges Aufbäumen in einem Markt, der weiter mit Unsicherheiten kämpft. Die jüngste Prognoseanpassung aus Dortmund war ein Signal. Und das kam an.
Nachdem das Management die operative Ergebnisprognose für das laufende Geschäftsjahr leicht anhob, reagierte die Börse prompt. Die Aktie legte zeitweise um über 5 % zu und setzte ihren Seitwärtslauf zwischen 8 und 11 Euro fort.
Der Grund für die Euphorie: Der erwartete Verlust fällt kleiner aus als bisher angenommen – und ein kleiner Gewinn ist sogar wieder denkbar. Für Anleger, die sich in den vergangenen Monaten an grüne Versprechen gewöhnt hatten und mit enttäuschenden Quartalszahlen leben mussten, klingt das fast schon wie Musik.
Weniger Minus ist das neue Plus
Bislang war das Management von einem Ebit zwischen minus 30 und plus 5 Millionen Euro ausgegangen. Jetzt heißt es: Vielleicht wird es sogar eine schwarze Null – irgendwo zwischen minus 7 und plus 7 Millionen Euro.
Der Unterschied mag auf den ersten Blick gering wirken, doch er hat symbolischen Wert: Die Hoffnung auf operatives Gleichgewicht – trotz schwierigem Umfeld – keimt wieder auf.
Denn das Umfeld für grünen Wasserstoff ist alles andere als rosig. In der Wasserstoffsparte, dem Hoffnungsträger des Konzerns, sieht thyssenkrupp nucera weiterhin Zurückhaltung bei Investoren. Die finale Entscheidung über große Projekte verzögert sich vielerorts. Es fehlt an Planungssicherheit, an Infrastruktur – und manchmal schlicht an politischem Willen.
Einbruch beim Auftragseingang – der Elefant im Raum
Während sich die Schlagzeilen auf die optimierte Ebit-Prognose stürzen, geht ein anderer Fakt beinahe unter: Der Auftragseingang im dritten Quartal sank dramatisch – von 271 Millionen auf nur noch 63 Millionen Euro.
Zwar war der Vorjahreswert durch einen Großauftrag aus Schweden (200 Mio. €) verzerrt, doch der Rückgang ist auch ohne diesen Sondereffekt beachtlich.
Auch der Umsatz brach von 237 auf 184 Millionen Euro ein. Ein deutliches Zeichen dafür, dass die versprochene Wachstumsgeschichte stockt. Im Chlor-Alkali-Segment läuft es immerhin besser als erwartet. Doch das reicht kaum, um die Marktphantasie rund um grünen Wasserstoff wachzuhalten.
Zukunftstechnologie mit Geduldsfaktor
thyssenkrupp nucera bleibt ein Unternehmen im Übergang. Technologisch gut aufgestellt, strategisch positioniert in einem Zukunftsmarkt – aber gebremst durch Realitäten, die sich nicht per Roadshow wegmoderieren lassen. Förderprogramme, Regulierungen, Bürokratien und Kapitalkosten dämpfen derzeit die Investitionsfreude auf Kundenseite.
Für Anleger bleibt die Frage: Ist die Aktie ein Geduldsspiel oder eine Sackgasse? Aktuell wird sie wie ein Optionsschein auf eine grüne Zukunft gehandelt – mit engen Bandbreiten, sensibel auf jede noch so kleine Kursnachricht.
Die nüchternen Zahlen lassen wenig Raum für Spekulationen. Umso wichtiger ist es für den Konzern, mit belastbaren Aufträgen zu liefern, nicht nur mit besser klingenden Bandbreiten.
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