05. Juli, 2025

KI

Warum die ChatGPT-Firma unter ihrem eigenen Gewicht zu kollabieren droht

Die Milliardenwette von Sam Altman soll Google, Amazon und Co. herausfordern. Doch hinter der Fassade des KI-Wunders rutschen Zahlen, Technik und Personal immer weiter ins Minus.

Warum die ChatGPT-Firma unter ihrem eigenen Gewicht zu kollabieren droht
Exodus der Eliten: OpenAI verliert Dutzende Top-Entwickler – darunter Mitgründer Ilya Sutskever. Die Abwanderung zentraler Forscher zu Rivalen wie Anthropic oder Meta wirft Fragen über die Innovationskraft und Kultur bei OpenAI auf.

ChatGPT hat geschafft, wovon viele Techprodukte nur träumen: Es wurde zum Gesprächsthema auf Schulhöfen, in Vorstandsetagen und auf Geburtstagsfeiern. Innerhalb weniger Monate war der Chatbot überall.

OpenAI, die Firma dahinter, feierte das als historischen Durchbruch. CEO Sam Altman versprach nicht weniger, als das nächste Google zu bauen. Das Ziel: eine Plattform, die nicht nur sucht, sondern gleich antwortet. Die Schnittstelle zum Internet. Ein „Superassistent“ für alle.

Tatsächlich verzeichnet OpenAI ein Nutzerwachstum, das in der Techgeschichte seinesgleichen sucht. Über 800 Millionen aktive Nutzer wöchentlich, 12,7 Milliarden Dollar Umsatz in diesem Jahr erwartet.

Doch das Tempo hat seinen Preis: 5 Milliarden Dollar Verlust im letzten Jahr, geschätzte 44 Milliarden bis 2029. Das ist mehr als jedes andere Tech-Start-up je verbrannt hat.

Google überholt OpenAI: Das KI-Modell Gemini 2.5 Pro führt inzwischen alle wichtigen Benchmarks an. Während OpenAI auf sein Markenimage baut, liefert die Konkurrenz inzwischen messbar bessere Technologie – oft günstiger, stabiler und schneller.

Während Altman weiter das Narrativ vom technologischen Führungsanspruch pflegt, haben andere längst überholt. Googles KI Gemini liegt in Benchmarks vorne, auch Anthropic und Meta ziehen mit Tempo nach. Branchenkenner Philipp Klöckner urteilt:

„Es ist schwer zu erkennen, was OpenAI derzeit besser macht.“

Was OpenAI bleibt, ist die Strahlkraft der Marke. ChatGPT ist für viele der Inbegriff von KI. Doch genau das könnte zum Risiko werden: Die erfolgreichsten Techkonzerne verdrängten starke Marken stets durch bessere Produkte. Altman droht, zum Blackberry des KI-Zeitalters zu werden.

Besonders alarmierend: Der Exodus der Talente. Mitgründer Ilya Sutskever, Technikchefin Mira Murati, viele Forscher – sie alle haben OpenAI verlassen, gründeten eigene Start-ups oder wechselten zur Konkurrenz. Das Entwicklungs-Know-how, einst USP von OpenAI, zersplittert.

Im lukrativen Enterprise-Markt bröckelt die Vormachtstellung. Anthropic hat OpenAI bei Großkunden überholt, liefert überlegene Ergebnisse zu günstigeren Preisen. OpenAI verliert hier Marktanteile, obwohl der Sektor für die angestrebte Billionenbewertung entscheidend ist.

Altman sucht den Befreiungsschlag und setzt auf Hardware. Mit Apple-Designlegende Jony Ive will OpenAI ein KI-Gerät entwickeln. Details? Kaum bekannt.

Der Plan: ein zusätzliches Endgerät, das ChatGPT allgegenwärtig macht. Doch wer braucht ein weiteres Gimmick, wenn Smartphone und Kopfhörer schon KI-fähig sind?

Weil die Masse der Nutzer nicht zahlt und Rechenpower teuer ist, bleibt nur eine klassische Antwort: Werbung. Ex-Facebook-Managerin Fidji Simo soll als neue starke Frau im Konzern ein Werbemodell etablieren. Intern heißt das: „Monetarisierung von Nichtzahlern“.

Altman hat nicht nur mit Konkurrenz und Zahlen zu kämpfen. Elon Musk klagt, Microsoft als Investor wird zum Rivalen, die eigene Belegschaft verkauft Anteile in Milliardenhöhe.

Die vielleicht letzte Chance für OpenAI liegt in autonomen KI-Agenten: Software, die selbsttätig Aufgaben erledigt. Erste Prototypen laufen, sind aber noch weit von Marktreife entfernt. Sollte Altman hier tatsächlich liefern, wäre der Turnaround denkbar. Sollte.

Bis dahin bleibt OpenAI ein Unternehmen im Ausnahmezustand: gefangen zwischen Vision, Vermarktung – und Verlusten.

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