Frankfurt schlägt zurück
Noch vor wenigen Monaten galt das als ausgemacht: Ein erneuter Wahlsieg Donald Trumps würde Europas Banken auf Jahre ins Hintertreffen bringen. Geringere Auflagen für US-Geldhäuser, wachsender regulatorischer Druck in der EU – die Sorge vor einem Wettbewerbsnachteil war real.
Doch an den Märkten zeigt sich ein ganz anderes Bild: Während der europäische Bankindex Stoxx Europe Banks seit Jahresbeginn um satte 33,1 Prozent zugelegt hat, kommt der amerikanische KBW-Bank-Index gerade einmal auf 14,3 Prozent. Die alte Rollenverteilung gerät ins Wanken.
Vom Sorgenkind zum Börsenliebling
Was ist passiert? Die EZB hat die Negativzinsära beendet, Infrastrukturprogramme und Rüstungsausgaben treiben das Geschäft, und viele Institute haben ihre Kosten besser im Griff als noch vor wenigen Jahren.
Analystin Sonja Förster von DRBS Morningstar bringt es auf den Punkt:
„Europas Banken sind profitabler, aktiver – und sie wecken wieder das Interesse von Investoren.“
Selbst in Deutschland, wo lange Rückstand das Bild prägte, ist das Momentum spürbar.
Zwei Welten, zwei Dynamiken
Während US-Banken wie JPMorgan oder Bank of America weiterhin mit massiver Marktkapitalisierung glänzen, kämpfen sie aktuell mit einer schwächelnden Binnenkonjunktur. Viele amerikanische Häuser hängen stark am heimischen Privatkunden- und Firmenkundengeschäft – ein Risiko in einer wirtschaftlich angespannten Lage.
In Europa hingegen diversifizieren Investoren zunehmend – auch wegen geopolitischer Spannungen und wachsender Unsicherheiten im Handelskonflikt zwischen den USA und China. Europa wird als defensivere Alternative wiederentdeckt.

Mehr Konsolidierung, weniger Show
In Europa läuft parallel eine Konsolidierungswelle an, wenn auch langsam. Die EU-Kommission drängt auf stärkere Bankeneinheiten. Das schürt bei Anlegern Fantasie: Fusionen bedeuten meist steigende Kurse.
Banken wie BNP Paribas, Unicredit oder die Deutsche Bank profitieren von dieser Erwartung. Volker Brühl vom Center for Financial Studies sieht in dieser Entwicklung vor allem eines: „Ein Signal, dass Europas Banken wieder als gestaltende Kraft wahrgenommen werden – nicht nur als Sanierungsfall.“
Basel III bleibt Bremsklotz – aber nur in Europa
Ein echter Unsicherheitsfaktor bleibt: die Regulierung. Während die EU die neuen Basel-III-Regeln bereits in Kraft gesetzt hat – mit allen Übergangsfristen und Aufschüben –, herrscht in den USA weiter Unklarheit.
Frühestens 2026 will man sich dort bewegen. Heißt im Klartext: Amerikanische Banken genießen weiter einen Wettbewerbsvorteil durch laxe Anforderungen an Kapitalpuffer und Risikoabsicherung.
Zweistellige Wachstumsraten – mit Vorbehalt
Trotz der starken Entwicklung: Europas Banken sind weit davon entfernt, ihre US-Rivalen wirtschaftlich einzuholen. JP Morgan bringt über 700 Milliarden Euro Marktkapitalisierung auf die Waage.
Europas Schwergewichte wie BNP Paribas oder Unicredit liegen unter 100 Milliarden. Die Outperformance der Aktie ist real – aber sie spielt sich auf kleinerem Spielfeld ab. Entscheidend ist deshalb, ob Europas Institute ihre aktuelle Stärke nutzen, um strukturell aufzuholen – nicht nur an der Börse.
Von der Zinswende zur Dividendenfreude
Ein nicht zu unterschätzender Faktor: Europas Banken haben gelernt, ihre Aktionäre besser zu bedienen. Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe haben zugenommen – ein Trend, den amerikanische Häuser früher begonnen haben, der jetzt aber auch in Europa greift. Das erhöht die Attraktivität für Investoren und verleiht Kursen Rückenwind – besonders in Zeiten, in denen Anleihen wieder stärker konkurrieren.
Trump bleibt Risiko – aber kein Gamechanger
Interessanterweise hat sich die befürchtete Deregulierungswelle nach Trumps Wahlsieg bislang nicht materialisiert. Noch hält sich der politische Einfluss auf die Bankenlandschaft in Grenzen.
Doch Christian Sewing, Präsident des Bankenverbands und Chef der Deutschen Bank, warnt: „Eine Benachteiligung europäischer Banken muss vermieden werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.“ Denn eins ist klar: Sollte Washington ernst machen mit laxer Regulierung, könnte der Vorsprung rasch wieder schrumpfen.
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