VW verliert an Tempo – Gewinn auf tiefstem Stand seit der Pandemie
Der Wolfsburger Autobauer verzeichnet einen massiven Gewinneinbruch, senkt die Jahresprognose und kämpft mit Zöllen, Elektro-Margen und hausgemachten Problemen. Die angekündigte Sanierung wird zur Bewährungsprobe für Konzernchef Oliver Blume.
Einbruch mit Ansage
Volkswagen meldet für das erste Halbjahr 2025 einen Nachsteuergewinn von nur noch 4,47 Milliarden Euro – ein Rückgang um 38 Prozent. Operativ sank das Ergebnis sogar um 29 Prozent auf 6,71 Milliarden Euro.
Damit fällt der Konzern auf das schwächste Halbjahresniveau seit dem Corona-Jahr 2020 zurück. Die Börse reagierte zunächst mit einem Kursrutsch von vier Prozent, bevor sich die Aktie leicht stabilisierte.
Die Gründe für das schwache Ergebnis sind vielfältig – und teilweise hausgemacht. Am stärksten belasten die neuen US-Zölle, die Volkswagen mit 1,3 Milliarden Euro zu Buche schlagen.
Hinzu kommen Rückstellungen für Restrukturierungen (0,7 Milliarden Euro), Mehraufwand für CO₂-Compliance und ein zunehmender Anteil von E-Autos im Absatzmix – deren Margen deutlich unter denen klassischer Verbrenner liegen.
Die operative Marge fiel auf magere 4,2 Prozent. Zum Vergleich: Im Premiumsegment gelten 10 Prozent als Zielmarke. Bei Porsche stürzte die Marge sogar von 16,5 auf nur noch 5,2 Prozent – ein Verlust von über elf Prozentpunkten.
Krisenregion USA – und ein Gegner namens Biden
Erstmals rechnet der Konzern in seinen Zielen offen mit höheren Einfuhrzöllen in die USA. Im ungünstigsten Fall kalkuliert VW mit Abgaben von 27,5 Prozent pro Fahrzeug – ein politisches Signal aus Washington, das die Exportstrategie der Europäer ins Mark trifft. Vorstandschef Oliver Blume hofft dennoch auf eine Einigung bei rund 15 Prozent – sicher ist das nicht.
Die Zollpolitik wird damit zum zentralen Risiko für die zweite Jahreshälfte. VW erwartet nun nur noch stagnierende Umsätze – ursprünglich war ein Plus von fünf Prozent angepeilt worden. Auch die Gewinnmarge wird deutlich tiefer angesetzt.
Elektroboom ohne Gewinn
So paradox es klingt: Die Elektromobilität bringt Wachstum, aber frisst den Ertrag. In Europa meldet VW ein Plus von 62 Prozent bei den vollelektrischen Bestellungen – doch die niedrigen Margen drücken auf die Bilanz.
Bei der Kernmarke VW beträgt die operative Marge gerade einmal 2,5 Prozent – Zielgröße wären 6,5 Prozent bis 2029. Ursprünglich sollte dieses Ziel schon nächstes Jahr erreicht werden.
Der Absatz von E-Modellen in China ist sogar rückläufig. Während VW bei Verbrennern zulegen konnte, sind die Verkäufe von E-Autos in der Region eingebrochen. Der Gewinnanteil Chinas schrumpfte um 36 Prozent auf nur noch 506 Millionen Euro.
Luxusmarken schwächeln – besonders Porsche
Besonders hart trifft es das Premiumsegment. Die Markengruppe „Progressive“, zu der Audi, Bentley, Lamborghini und Ducati gehören, meldet ein Minus von 45 Prozent beim operativen Ergebnis.
Der einstige Gewinnanker Porsche verlor sogar 71 Prozent seines operativen Ergebnisses. Ursachen: Modellwechsel, Wechselkurse – und ein teurer Umbau im Hintergrund.
In der Realität bedeutet das: Selbst dort, wo VW traditionell hohe Gewinne einfährt, bröckelt die Marge. Die Preisbereitschaft im Luxussegment sinkt, während die Kosten steigen.
Blume baut um – aber bezahlt dafür teuer
Oliver Blume versucht, den Konzern radikal umzubauen. Der Plan: schlankere Strukturen, niedrigere Fixkosten, weniger interne Komplexität. Das Sanierungsziel: 15 Milliarden Euro Einsparung bis 2030.
Allein in den letzten 18 Monaten haben rund 9.000 Beschäftigte das Unternehmen verlassen. Sozialverträglich, wie es offiziell heißt – aber teuer: Abfindungen und Umbaukosten belasten die Bilanz schon jetzt.
Die Softwaretochter Cariad gilt weiterhin als Sorgenkind. Immer wieder verzögern sich Projekte, überlappen Zuständigkeiten, steigen die Kosten. VW will mit weniger Marken und mehr Klarheit führen – doch der Umbau ist ein Marathon.
Auftragspolster bleibt – aber kein Selbstläufer
Blume verweist auf volle Auftragsbücher – und das stimmt. In Europa stieg der Auftragseingang spürbar, auch das E-Geschäft gewinnt an Volumen. Aber Volumen ersetzt keine Marge. Die zentrale Herausforderung lautet nun: Wie gelingt es, das margenarme E-Segment profitabel zu machen – ohne die bisherigen Ertragsquellen weiter zu verlieren?