Absturz einer Zukunftsaktie
Noch vor einem Jahr galt Partec als deutscher Hoffnungsträger im Zukunftsmarkt der Supercomputer. Mit seiner Technologie war das Münchner Unternehmen am Bau des europäischen Hochleistungsrechners „Jupiter“ beteiligt – ein Prestigeprojekt, das selbst Bundeskanzler Friedrich Merz zur Eröffnung ins Forschungszentrum Jülich lockte.
Kurzzeitig schien der Glanz des Projekts auch auf Partec überzuspringen: Der Aktienkurs sprang im September von 20 auf 33 Euro. Doch der Höhenflug endete abrupt. Heute notiert die Aktie bei rund 17 Euro – und das Unternehmen steht kurz vor dem Rauswurf aus dem regulierten Markt.
Die Deutsche Börse zieht die Reißleine
Weil Partec bis heute keinen testierten Jahresabschluss für 2024 vorgelegt hat, hat die Deutsche Börse ein Delisting angekündigt. Spätestens am 4. Dezember soll der Handel an der Frankfurter Börse eingestellt werden. Danach bleibt nur der außerbörsliche Handel – mit erheblich geringerer Liquidität und entsprechendem Vertrauensverlust.
Eine Vertragsstrafe wurde bereits verhängt. Der Schritt ist ein drastisches Signal: Fehlende Transparenz ist im regulierten Markt ein Tabubruch.
Ein Unternehmensanwalt von Partec versichert zwar, man wolle „bald wieder an der Frankfurter Börse und weiteren Handelsplätzen gelistet sein“. Doch solange der Geschäftsbericht fehlt, bleiben diese Ankündigungen Wunschdenken.
Verspätete Gehälter, leere Konten
Die Probleme reichen tiefer als ein fehlendes Testat. Schon im Sommer berichteten Mitarbeiter über verspätete Gehaltszahlungen. Erst waren es einzelne Tage, später mehrere Wochen. Ein interner Brief, in dem sich ein Beschäftigter über seinen „leeren Kontostand“ beschwerte, machte die Runde.
Finanzvorstand Hans Kilger erklärte die Verzögerungen mit ausstehenden Millionenforderungen gegenüber einem Geschäftspartner. Diese hätten kurzfristig überbrückt werden müssen.
Doch das Bild, das sich daraus ergibt, ist düster: Ende Juni 2024 verfügte Partec laut eigenen Angaben nur noch über 288.000 Euro liquide Mittel – bei einem Umsatz von rund fünf Millionen Euro im ersten Halbjahr. Das reicht kaum, um laufende Kosten zu decken.
Gescheiterte Projekte und stille Rückschläge
Neben Liquiditätsengpässen kämpft Partec auch mit gescheiterten Großprojekten. Besonders schmerzhaft war der Stopp der sogenannten „Quantum Factory“ in München-Sendling – ein ambitioniertes Projekt zur Serienfertigung von Quantencomputern. Millionen flossen in den Aufbau, Fachkräfte wurden angeworben. Doch Anfang 2025 kam der Baustopp.
Öffentlich kommuniziert wurde das nie. Finanzchef Kilger wiegelte ab: „Wenn sich mal ein Projekt verzögert oder der Fokus verschiebt, ist das in der Regel nicht meldepflichtig.“
Diese Intransparenz verunsichert Anleger zusätzlich. Der einstige Börsenliebling, der bei seinem IPO als „deutscher Nvidia“ gehandelt wurde, hat ein massives Vertrauensproblem.
Die Suche nach dem Rettungsanker
Im Sommer sprach Kilger noch von „Gesprächen mit einem großen institutionellen Investor“ über eine Finanzierung im Milliardenbereich. Die Verhandlungen sollten sich in der Endphase befinden, der Deal stand angeblich kurz bevor.
Drei Monate später gibt es noch immer keine konkrete Ankündigung. Auf Nachfrage heißt es nun lediglich, die „Verhandlungen seien abgeschlossen“ und man werde „kurzfristig mit der Umsetzung beginnen“. Namen, Summen oder Details nennt das Unternehmen nicht.
Branchenkenner halten den angekündigten „Milliardendeal“ für wenig realistisch. „Wenn ein Investor in dieser Größenordnung wirklich zugesagt hätte, wäre das längst meldepflichtig“, sagt ein Münchner Finanzanwalt, der auf Kapitalmarktrecht spezialisiert ist.
Zwischen Hoffnung und Realität
Während die Führungsetage von Fortschritten spricht, verlieren Anleger weiter das Vertrauen. Der Börsenwert von Partec ist in einem Jahr um 90 Prozent geschrumpft – von 1,4 Milliarden auf rund 140 Millionen Euro.
Das Unternehmen, das einst für Europas digitale Souveränität stand, kämpft nun ums Überleben. Noch ist unklar, ob das Delisting das Ende oder einen Neuanfang markiert.
„Wir haben ein Projekt, das die Zukunft Europas gestalten sollte, und eine Firma, die ihre Gegenwart kaum bewältigt“, sagt ein Analyst trocken.
Vom Börsenwunder zum Mahnmal
Partec ist zum Sinnbild für den steilen Fall eines überhitzten Technologietraums geworden. Große Visionen, wenig Transparenz und operative Schwächen haben ein Unternehmen, das für Innovation stehen wollte, in die Defensive gedrängt.
Die Börse zieht nun die Konsequenzen. Und während in Jülich der Supercomputer „Jupiter“ weiterläuft, steht sein ehemaliger Partner in München kurz davor, endgültig vom Radar des Kapitalmarkts zu verschwinden.
Der einstige Börsenstar ist zum Risiko geworden – für Anleger, Mitarbeiter und die Glaubwürdigkeit des deutschen Tech-Standorts gleichermaßen.

