Wachstum mit Ansage
Microsoft hat geliefert. Und zwar mehr, als der Markt erwartet hatte. Der Umsatz kletterte im letzten Quartal um 18 Prozent auf 76 Milliarden Dollar, der Nettogewinn stieg um 22 Prozent auf 27 Milliarden. Vor allem die Cloud-Sparte brummt: Mit 46 Milliarden Dollar Umsatz legte „Microsoft Cloud“ um satte 25 Prozent zu.
Die Märkte reagierten begeistert: Nachbörslich schoss die Aktie um 8 Prozent nach oben. Die Marktkapitalisierung des Konzerns knackte erstmals die Marke von 4,1 Billionen Dollar – und rückt damit in Schlagdistanz zum Branchenprimus Nvidia. Doch so souverän die Zahlen wirken, so anspruchsvoll ist die Lage im Hintergrund.
Azure zeigt endlich seine Zahlen
Erstmals hat Microsoft das Geschäft mit der Cloud-Plattform Azure transparent gemacht – ein Schritt, den Analysten seit Jahren fordern. Satya Nadella präsentierte stolz: 75 Milliarden Dollar Umsatz allein mit Azure im Geschäftsjahr 2024/2025.
Für Nadella ist das mehr als nur eine Zahl. Es ist die späte Bestätigung für eine Entscheidung, die er schon 2011 getroffen hatte: Microsoft in die Cloud zu führen – gegen interne Widerstände. Heute ist Azure das Rückgrat des gesamten Konzerns. Ohne Azure wäre Microsoft nicht dort, wo es jetzt steht.
Rechenzentren als Renditetreiber
Noch beeindruckender als das Umsatzwachstum ist das Tempo beim Ausbau der Infrastruktur. Microsoft betreibt mittlerweile über 400 Rechenzentren in 70 Regionen weltweit.
Im letzten Quartal allein investierte das Unternehmen 24 Milliarden Dollar in den Bau und die Erweiterung von KI-Zentren – ein Plus von 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Ursache: Die Nachfrage nach KI-Rechenleistung ist kaum zu decken. Microsoft muss massiv vorfinanzieren, um die wachsenden Kundenwünsche bedienen zu können – ein riskanter, aber derzeit lohnender Kraftakt.
OpenAI wird zum Risiko
Ein neuralgischer Punkt bleibt die Partnerschaft mit OpenAI. Microsoft ist Großinvestor, stellt die Infrastruktur – und erhält dafür exklusiven Zugang zu Modellen wie GPT-4. Doch OpenAI will unabhängiger werden, verhandelt inzwischen mit Oracle und Google über parallele Verträge.
Brisant: Sollte OpenAI eine sogenannte „künstliche allgemeine Intelligenz“ (AGI) entwickeln, kann das Start-up Microsofts Zugriffsrechte laut Vertrag einschränken. Ein Machtverlust, den Nadella unbedingt verhindern will. Erste Signale deuten auf harte Vertragsnachverhandlungen hin.
Konkurrenz rüstet ebenfalls auf
Die Wettbewerber schlafen nicht. Amazon investiert Milliarden in AWS, Meta spricht offen vom Ziel, eine „Superintelligenz für alle Menschen“ zu entwickeln. Mark Zuckerberg investiert über 70 Milliarden Dollar in KI-Projekte – doppelt so viel wie im Vorjahr. Google wiederum setzt auf Gemini und baut parallel eigene KI-Chips.
Der Wettlauf um die KI-Vorherrschaft ist damit voll entbrannt – und Microsoft liegt derzeit vorn. Doch um den Vorsprung zu halten, braucht es mehr als nur Visionen. Es braucht Kapital, Rechenleistung – und Geduld.
Hinter der Glanzfassade: Entlassungen und Druck
Der KI-Erfolg hat Schattenseiten: Um die teuren Investitionen zu finanzieren, strich Microsoft zuletzt 15.000 Stellen – vor allem in der Gaming- und Vertriebsorganisation. Die Konsolidierung zeigt: Nicht alles bei Microsoft wächst. Andere Bereiche werden geopfert, um die KI-Offensive zu finanzieren.
Der Konzern wandelt sich gerade mit enormer Geschwindigkeit – technologisch und strukturell. Der Spagat zwischen Vision und Realität ist anspruchsvoll. Und der Druck, Ergebnisse zu liefern, steigt.
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