In jüngster Zeit zeichnet sich ein zunehmender Vertrauensverlust der deutschen Wirtschaft gegenüber den USA als Hauptlieferant von Halbleitern ab. Eine aktuelle, repräsentative Erhebung durch den Branchenverband Bitkom ergab, dass lediglich 37 Prozent der Unternehmen, die auf Halbleiter angewiesen sind, die Vereinigten Staaten als einen zuverlässigen Partner betrachten. Von diesen Unternehmen drücken lediglich 12 Prozent ein 'großes Vertrauen' aus, während 25 Prozent von einem 'eher großen Vertrauen' sprechen. Demgegenüber stehen 48 Prozent der Befragten, die den USA 'eher geringes Vertrauen' entgegenbringen, und 14 Prozent, die 'gar kein Vertrauen' haben. Vor diesem Hintergrund erscheint es umso brisanter, dass die USA weiterhin die wichtigste Quelle für Halbleiter in Deutschland darstellen, wobei 72 Prozent der befragten Firmen ihre Versorgung aus amerikanischen Quellen sicherstellen. Zum Vergleich: 63 Prozent beziehen ihre Halbleiter aus China und 54 Prozent vertrauen auf inländische Anbieter. Hierbei war es den Unternehmen gestattet, mehrere Länder als Bezugsquellen zu nennen.
Wachsende Besorgnis herrscht auch hinsichtlich Chinas, insbesondere aufgrund der geopolitischen Spannungen mit Taiwan. Die durch China ausgesprochenen Drohungen gegen Taiwan erregen bei 92 Prozent der Unternehmen, die auf Halbleiterlieferungen angewiesen sind, Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit. Bemerkenswert ist, dass 28 Prozent der deutschen Firmen ihre Halbleiter aus Taiwan beziehen.
Besondere Bedeutung kommt hierbei dem taiwanesischen Unternehmen TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) zu, das als marktführender Auftragsfertiger in der Halbleiterproduktion weltweit anerkannt ist. TSMC beliefert Firmenriesen wie Apple, Nvidia und Qualcomm und hat eine herausragende Stellung in der Herstellung fortschrittlicher Logikchips. Ein möglicher Konflikt um Taiwan könnte daher massive Auswirkungen auf die globale Halbleiterversorgung haben.
Angesichts dieser geopolitischen Herausforderungen fordern 90 Prozent der in der Erhebung befragten Firmen eine Reduzierung der Abhängigkeit Deutschlands in der Chip-Versorgung. Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst betont, dass "Halbleiter im Zentrum internationaler Wirtschaftskonflikte stehen." Er setzt sich für den Aufbau eines robusten, unabhängigen Ökosystems für Halbleiter in Deutschland und Europa ein, um die Verwundbarkeit angesichts internationaler Spannungen und potenzieller Erpressungsversuche zu verringern.
Positiv erwähnen die Unternehmen die Fortschritte bei der Verbesserung von Lieferketten, die zuvor unter den pandemiebedingten Einschränkungen erheblich gelitten hatten. Während die Versorgungslage weiterhin herausfordernd bleibt, berichten in diesem Jahr lediglich 60 Prozent der Unternehmen von Problemen bei der Halbleiterbeschaffung. Dies stellt eine deutliche Verbesserung dar im Vergleich zu 89 Prozent im Jahr 2023 und sogar 81 Prozent im Jahr 2021, was auf eine allmähliche Erholung und Anpassung der globalen Lieferketten hinweist.