24. Juli, 2025

Politik

Verbrenner-Aus 2030? Merz geht auf Konfrontation mit Brüssel

Die EU will ab 2030 Miet- und Dienstwagen nur noch elektrisch zulassen – Kanzler Merz stellt sich quer. Seine Argumente: Technologieoffenheit, wirtschaftlicher Realismus und die Angst vor einem industriepolitischen Harakiri.

Verbrenner-Aus 2030? Merz geht auf Konfrontation mit Brüssel
Klimapolitik auf Kollisionskurs: Die „Greening Corporate Fleets“-Pläne der EU-Kommission zielen auf eine rasche Elektrifizierung gewerblicher Fahrzeuge – für Mietwagenanbieter und Mittelständler ein kostspieliger Kraftakt.

Ein EU-Vorschlag – und der Kanzler auf Zündstufe

Kaum war der Plan aus Brüssel bekannt, schaltete Friedrich Merz in den Angriffsmodus. Der CDU-Kanzler sieht in dem Vorhaben der EU-Kommission, ab 2030 nur noch Elektrofahrzeuge als Miet- und Dienstwagen zuzulassen, einen fundamentalen Fehler – wirtschaftlich, technologisch und politisch.

„Das geht vollkommen an der Realität vorbei“, sagte Merz am Montagabend in Berlin nach einem Treffen mit Spitzenvertretern der deutschen Industrie. Gemeint ist: Während die EU auf Elektromobilität drängt, kämpft die Autoindustrie gerade mit bröckelnder Nachfrage, schleppendem Infrastrukturausbau und globalem Gegenwind. Und plötzlich soll es in viereinhalb Jahren keine Verbrenner mehr für Flotten geben?

„Nicht marktreif – nicht bezahlbar – nicht praktikabel“

Merz, dessen Partei sich seit Jahren auf die Fahne schreibt, „Technologieoffenheit“ zu verteidigen, nimmt damit bewusst eine Gegenposition zur EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein – ebenfalls CDU. Sie will die EU mit ambitionierten Vorschlägen zur Klimaneutralität treiben. Doch die geplante Maßnahme steht noch in der Konsultationsphase.

Trotzdem warnt der Kanzler vor übereilten Verboten. „Wir wissen gar nicht, ob die geforderten Technologien bis dahin ausreichend marktfähig sind.“ Ein Seitenhieb auf die unvollständige Ladeinfrastruktur, die anhaltenden Preisprobleme und die Abhängigkeit von asiatischen Batterielieferanten. Vor allem aber: Ein Signal an die Wirtschaft, dass er ihre Sorgen ernst nimmt – zumindest rhetorisch.

Industrie als Taktgeber – oder Feigenblatt?

Das Thema war beim Treffen mit den CEOs von Daimler Truck, Volkswagen, BMW und weiteren Automobilgrößen prominent auf der Tagesordnung. Kein Wunder: Rund 60 Prozent aller Neuzulassungen in Deutschland sind gewerblich – Dienstwagen und Mietautos inklusive. Ein pauschales Verbrenner-Aus in diesem Segment wäre ein tiefer Eingriff ins Geschäftsmodell vieler Hersteller und Flottenbetreiber.

„Die Automobilindustrie ist eine unserer Kernindustrien“, so Merz.

Doch während Brüssel Richtung Verbot steuert, wollen viele Unternehmen flexible Übergänge – etwa durch synthetische Kraftstoffe oder Hybridlösungen. Merz scheint ihnen Rückenwind geben zu wollen.

„Wir dürfen uns die Verbrennertechnik nicht zerstören lassen.“ Das klingt nicht wie ein Verteidiger der Transformation – sondern wie einer, der sie verlangsamen will.

Was steckt hinter dem Brüsseler Vorschlag?

Der Vorschlag der EU-Kommission ist Teil der „Greening Corporate Fleets“-Initiative. Ziel: Flottenfahrzeuge sollen als erste vollständig elektrifiziert werden, da sie häufiger ersetzt und stärker genutzt werden als private Autos.

Zwischen Steckdose und Staatsräson: Kanzler Merz stellt sich gegen das geplante Verbrenner-Aus ab 2030 – dabei stammen über 60 % aller Neuzulassungen in Deutschland aus dem Flottenbereich, den Brüssel elektrifizieren will.

Was sinnvoll klingt, stößt auf praktische Probleme: Ladezeiten, Reichweite, Kosten – all das ist gerade für Mietwagenfirmen ein logistisches Risiko.

Zudem stellt sich die Frage, wie Europa eine solche Umstellung stemmen will, während gleichzeitig die Industrie mit Standortverlagerungen, Abwanderung von Schlüsseltechnologien und einem verhaltenen Konsumklima kämpft. Der Vorschlag mag ökologisch ambitioniert sein – ökonomisch ist er riskant.

Merz auf Distanz zur CDU-Spitze

Brisant: Ursula von der Leyen und Friedrich Merz gehören der gleichen Partei an – dennoch könnte der Vorstoß aus Brüssel den konservativen Kanzler im bevorstehenden Europawahlkampf in eine Zwickmühle bringen. Will er das Thema Verbrenner emotionalisieren und gegen „grüne Verbote“ polemisieren? Oder setzt er auf leise Diplomatie mit seiner Parteifreundin in Brüssel?

Derzeit wählt Merz den Konfrontationskurs. Seine Worte klingen wie ein vorgezogenes Wahlkampfmanöver – und ein Versuch, seine industrienahen Stammwähler zu binden. Ob sich das mit der ambitionierten Klimapolitik der EU verträgt, bleibt offen.

Ein Konflikt, der das Jahr 2025 prägen dürfte

Der Streit um den Verbrenner ist längst mehr als eine Debatte über Antriebsformen. Er ist ein Symbol für die Spannungen zwischen Innovation und Ideologie, zwischen Industrieinteressen und Umweltpolitik, zwischen Brüssel und Berlin. Und Friedrich Merz hat sich entschieden, wo er steht.

Nicht am Steuer der Transformation – sondern mit angezogener Handbremse.