27. Juli, 2024

Wirtschaft

Unverhoffter Höhenflug bei Klagen gegen Fluggesellschaften

Unverhoffter Höhenflug bei Klagen gegen Fluggesellschaften

Die deutsche Justiz verzeichnet einen auffallenden Anstieg bei den Klagen gegen Fluggesellschaften. Im letzten Jahr erreichten die Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Flugreisen eine neue Höchstmarke: Mehr als 125.000 solcher Fälle fanden ihren Weg in die Gerichtssäle, was einer Steigerung von rund 80 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Passagiere fordern in der Regel Entschädigungen für Flugausfälle und Verspätungen.

Die meisten Klagen wurden beim Amtsgericht Köln registriert, wo alleine 37.300 Verfahren anhängig waren. Das war fast doppelt so viel wie im vorherigen Jahr. Dies mag kaum überraschen, bedenkt man den dortigen juristischen Sitz der Lufthansa. Frankfurt mit über 15.000 und Königs Wusterhausen, zuständig für den BER, mit rund 14.000 Klagen folgen auf den weiteren Plätzen.

Insbesondere am Amtsgericht Königs Wusterhausen beanspruchen die BER-bezogenen Klagen mittlerweile 93 Prozent aller Zivilverfahren. Ähnlich sieht es in Erdingen für den Münchner Flughafen aus, dort werden 94 Prozent durch Fluggastklagen belegt.

Auch die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr nimmt wieder mehr Beschwerden entgegen, die den Rekordwert von 2020 nur knapp verfehlen. Bei etwa 39.800 eingegangenen Fällen drehte es sich hauptsächlich um annullierte oder verspätete Flüge sowie Gepäckprobleme. Eine Einigung wurde im Durchschnitt in 85 Prozent der Schlichtungsfälle erzielt.

Zur effizienteren Bewältigung der "Fließbandklagen", verursacht durch Anwaltskanzleien und Inkassodienste, testet die Justiz technologische Lösungen. So wird in Frankfurt ein KI-Assistenzprogramm erprobt, das bei der Analyse von Schriftstücken und der Vorbereitung von Urteilstexten unterstützt. Eine Kooperation zwischen Hessen und Brandenburg deutet auf ein verstärktes Interesse an solchen Innovationen hin, allerdings stehen regelmäßige Einsatzmöglichkeiten einer solch fortschrittlichen Software noch aus.

Kritisch wird die Unterfinanzierung des Justizsystems angemerkt: Mit einem Budget von lediglich 50 Millionen Euro jährlich fehlen die Ressourcen für eine merkliche Beschleunigung der Digitalisierung im Justizwesen.

Trotz einer gewissen Erholung des Luftverkehrsmarktes nach der Corona-Pandemie hinkt der Sektor in Deutschland im europäischen Vergleich hinterher. Der Flughafenverband ADV verzeichnete in den ersten elf Monaten einen Rückgang von 21,3 Prozent im Vergleich zum Vor-Corona-Zeitraum. Dazu beigetragen hat die stark gesunkene Anzahl von Inlandsflugpassagieren. Die Prognosen zeigen, dass die angebotenen Sitzplatzkapazitäten auf Inlandsflügen und auf Langstreckenflügen noch nicht an die Zahlen vor der Pandemie heranreichen.