Niederländische Wissenschaftler melden einen bemerkenswert langanhaltenden COVID-19-Fall, der die medizinische Gemeinschaft aufhorchen lässt. Ein aufgrund seiner Vorerkrankungen immungeschwächter Senior erkrankte im Februar 2022 an Sars-CoV-2 und trug das Virus bis zu seinem Ableben im darauffolgenden Jahr kontinuierlich in sich. Die Dauer der Infektion belief sich auf rekordverdächtige 613 Tage. Diese Einzelfallstudie steht exemplarisch für ein potentielles Risiko, das von langfristig infizierten immunschwachen Personen ausgeht. Bislang hatten Forscher bereits ähnlich gelagerte Fälle identifiziert.
Die Wissenschaftscommunity wartet gespannt auf die Detailpräsentation der Studie durch Magda Vergouwe und ihr Team von der Universität Amsterdam auf dem kommenden Kongress der Europäischen Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten in Barcelona. Der Grund der Aufmerksamkeit: Im Laufe langwieriger Infektionen besteht die Möglichkeit, dass sich das Coronavirus stark verändert und potenziell resistente Varianten entwickelt, die auch für ein gesundes Immunsystem eine Herausforderung darstellen könnten.
Die Forschenden entnahmen dem Patienten regelmäßig Proben und konfrontierten die Wissenschaft mit mehr als 50 Mutationen, die sich im Erbgut des Virus im Vergleich mit der damals verbreiteten Omikron-Variante BA.1 manifestiert hatten. Augenfällig waren dabei Mutationen, welche die Umgehung der Immunabwehr ermöglichen könnten. Zudem beobachteten sie Anzeichen für eine Resistenzbildung gegenüber einem Coronamedikament, welches der Patient 21 Tage zuvor erhalten hatte.
Trotz der Bildung einer mutierten Virusvariante gab es keine Anzeichen dafür, dass der Mann andere Menschen angesteckt hatte, bevor er letztendlich an einer Verschlimmerung seiner Vorerkrankungen verstarb. Dennoch liefert der Vorfall wichtige Erkenntnisse für die Forschung. Langfristige Infektionen bei immungeschwächten Patienten können zum Brutkasten für einzigartige und potenziell gefährliche Virusvarianten werden. Es ist daher essenziell, dass die Entwicklung des Coronavirus in solchen Fällen intensiv beobachtet wird, um zukünftige gesellschaftliche Gesundheitsrisiken minimieren zu können.