27. Juli, 2024

Wirtschaft

Ukrainischer Energieversorger kündigt umfassende Stromabschaltungen an

Ukrainischer Energieversorger kündigt umfassende Stromabschaltungen an

Der ukrainische Energieversorger Ukrenergo hat angesichts massiver russischer Angriffe auf die Energieinfrastruktur für die kommende Woche erhebliche Stromabschaltungen angekündigt. Der Chef des Unternehmens, Wolodomyr Kudryzkyj, teilte in einem Fernsehinterview mit, dass das Defizit im Energiesystem in dieser Woche höher ausfallen werde als noch in der vergangenen. Stromabstellungen seien tagsüber, insbesondere am Morgen und Abend, unausweichlich. Hauptgründe für die Abschaltungen sind umfassende Schäden an der Energieinfrastruktur, die durch den intensiven russischen Beschuss in den letzten Wochen verursacht wurden. Unter den beschädigten Objekten befinden sich auch wichtige Wasser- und Heizkraftwerke. Diese liefern derzeit deutlich weniger Energie als üblich. Darüber hinaus werden seit Samstag planmäßige Reparaturen an zwei Reaktoren von Atomkraftwerken durchgeführt, was die Gesamtkapazität weiter einschränkt. Ein zusätzlicher Faktor sind die hohen Temperaturen von über 30 Grad Celsius, die in der kommenden Woche in der Ukraine erwartet werden und zu einem erhöhten Energieverbrauch durch den verstärkten Einsatz von Klimaanlagen führen. Trotz einer teils verdoppelten Stromimportmenge aus Nachbarländern sei es nicht möglich, den Bedarf vollständig zu decken und nächtliche Stromabschaltungen zu verhindern, erklärte Kudryzkyj. Die Maßnahmen sollen dazu beitragen, den Verbrauch einzuschränken und das Netz zu stabilisieren. Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bevölkerung bereits dazu aufgerufen, möglichst wenig Strom zu verbrauchen, um die Situation zu entschärfen. Ein besonders schwerwiegender Fall betraf das Wasserkraftwerk an einem Stausee des Dnipro bei Saporischschja, das nach jüngsten russischen Raketenangriffen als "kritisch" eingestuft wurde. Der Militärgouverneur von Saporischschja, Iwan Fedorow, berichtete, dass der dazugehörige Damm auf seine Sicherheit hin untersucht werden müsse. Die Anlage wurde bereits mehrfach und zuletzt am Wochenende getroffen und schwer beschädigt. Der anhaltende Beschuss im März und April auf Kraftwerke, Umspannwerke und Stromleitungen durch die russische Armee führte zu einem Rückgang der Produktionskapazität um 44 Prozent, wobei die Energieleistungen aus Kohlekraftwerken fast vollständig verloren gingen. Auch wichtige Wasserkraftwerke am Dnipro wurden beschädigt. Die Aussichten auf schnelle Reparaturen sind dabei denkbar schlecht. Die ukrainische Energieproduktion aus Kernkraft läuft zwar weitgehend stabil, jedoch reichen auch Energieimporte aus den Nachbarländern nicht immer aus, um die bestehende Versorgungslücke zu schließen. Neben den geplanten Stromabschaltungen kommt es auch immer wieder zu Ausfällen durch militärische Handlungen. Russische Angriffe erwiesen sich im letzten Kriegswinter 2022/23 als besonders hart, was Millionen Menschen ohne Strom, Heizung und Wasser zurückließ. Diese Angriffe zielen darauf ab, die Bevölkerung zu demoralisieren und zu schwächen.