Starke Zahlen zur Unzeit
Während viele Branchen unter geopolitischer Unsicherheit und zollpolitischen Eskapaden leiden, liefert die British-Airways-Mutter IAG eine positive Überraschung: 198 Millionen Euro operativer Gewinn im traditionell schwachen ersten Quartal – fast dreimal so viel wie im Vorjahr. Der Markt hatte deutlich weniger erwartet.
Besonders bemerkenswert: Der Konzern wächst trotz der transatlantischen Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Während andere Branchen erste Nachfrageeinbrüche melden, verzeichnet IAG auf ihren Strecken zwischen Europa und Nordamerika weiterhin stabile Auslastungen.
Transatlantik läuft – aber mit Vorbehalt
Die transatlantischen Routen gelten seit jeher als Ertragsgarant im Airline-Geschäft. Dass sie auch unter neuen protektionistischen Tönen aus Washington funktionieren, ist für IAG ein Signal der Stärke – aber noch kein Anlass zur Euphorie. Konzernchef Luis Gallego mahnt zur Vorsicht:
„Es ist noch zu früh, um von einer verlässlichen Entwicklung zu sprechen.“
Fakt ist aber: British Airways profitiert weiterhin von hoher Nachfrage im Geschäftskunden-Segment, die auch im Jahr drei nach der Pandemie nicht eingebrochen ist. Die Verbindung London–New York bleibt ein strategisches Rückgrat – politisch sensibel, wirtschaftlich hochprofitabel.
Südamerika boomt – Afrika stabilisiert sich
Deutlich klarer fällt das Bild auf anderen Strecken aus: Die Nachfrage auf Südamerika-Routen sei „sehr stark“, so Gallego. Auch Europa und Afrika zeigen laut IAG solide Buchungszahlen, vor allem im Tourismusbereich.
Damit unterscheidet sich IAG von Mitbewerbern wie Lufthansa, die zuletzt mit der schwächelnden deutschen Geschäftsnachfrage zu kämpfen hatte.
Zudem profitiert IAG stärker vom schwächeren Euro, da viele Einnahmen in US-Dollar verbucht werden – ein Vorteil, den europäische Airlines derzeit genau beobachten.
Lufthansa und Air France: weniger Verlust statt Gewinn
Auch die Konkurrenz kommt im ersten Quartal besser durch den Winter als befürchtet – jedoch auf niedrigerem Niveau. Die Lufthansa Group konnte ihre Verluste deutlich verringern, Air France-KLM meldete eine ähnliche Entwicklung. Doch von einem operativen Gewinn wie bei IAG sind beide weit entfernt.
Analysten sehen in der geografischen Diversifizierung von IAG – mit British Airways, Iberia, Aer Lingus und Vueling – einen klaren Wettbewerbsvorteil. Während Lufthansa stark von der deutschen Konjunktur abhängt und Air France traditionell mit strukturellen Kostenproblemen kämpft, profitiert IAG von ihrer strategisch breiteren Aufstellung.
Sommergeschäft wird zum Lackmustest
Ob IAG ihren Lauf fortsetzen kann, wird sich im Sommer zeigen. Die Hauptreisezeit entscheidet traditionell über das Gesamtjahr der Branche – und über die Stimmung an der Börse.
Bisher zeigen Frühbucherzahlen in vielen Märkten nach oben. Sollten die geopolitischen Störungen begrenzt bleiben und keine neuen Zölle die Nachfrage drücken, könnte 2025 ein starkes Jahr für die europäischen Airlines werden.
Doch Risiken bleiben: Ölpreise, Streiks, Kapazitätsengpässe – und vor allem die Frage, ob die konjunkturelle Unsicherheit in den USA und Europa mittelfristig doch auf die Ticketverkäufe durchschlägt.
Ein Konzern im Steigflug – mit Gegenwind im Nacken
IAG hat sich mit kluger Streckenpolitik, digitaler Transformation und einem klaren Blick auf Ertragstreiber gut positioniert. Das erste Quartal ist ein Ausrufezeichen – aber kein Freiflug. Die politischen Rahmenbedingungen sind so volatil wie lange nicht, und auch im Airline-Geschäft gilt: Wer zu früh jubelt, riskiert die Landung.