WPP liefert eine Zahl – und die Märkte verlieren die Geduld
15 Pence im Vorjahr, jetzt nur noch 7,5: Mit der Halbierung der Zwischendividende hat der einstige Werbekönig WPP seine Aktionäre auf dem falschen Fuß erwischt.
Die Aktie reagierte prompt – und rutschte an der Londoner Börse um 4,5 Prozent ab. Das allein wäre schon bemerkenswert. Doch der eigentliche Schock steckt in der Zahl dahinter: WPP notiert nun auf dem tiefsten Stand seit 2009. Seit der Finanzkrise.
Die Gründe liegen auf der Hand – und gleichzeitig im Nebel der wirtschaftlichen Großwetterlage. Werbekunden halten sich zurück, besonders aus der Konsumgüter- und Automobilbranche. Zu unsicher ist die geopolitische Lage, zu unklar die Zukunft internationaler Lieferketten und Handelsabkommen. Und wenn Firmen sparen, fällt Werbung mit als erstes unter den Tisch.
Werbeetats schmelzen, Marge schrumpft
Im zweiten Quartal 2025 sank der bereinigte Nettoumsatz von WPP um 5,8 Prozent. Das ist mehr als eine Delle. Für einen Konzern, der maßgeblich von globalem Wirtschaftswachstum lebt, bedeutet das: struktureller Gegenwind.
Die Prognose für das Gesamtjahr, bereits im Juli gesenkt, bleibt düster. Das Management rechnet mit einem Umsatzrückgang zwischen drei und fünf Prozent.
Besonders bitter: Die Schwäche ist breit gestreut. Es ist nicht nur ein Kundensegment, das Probleme bereitet – es sind viele. Markenartikler, Autobauer, auch Technologieunternehmen agieren vorsichtiger. Und selbst langfristige Kundenbudgets werden infrage gestellt.
Für WPP, das sein Geschäftsmodell stark auf kreative Großkampagnen ausgerichtet hat, ist das eine operative Belastung – aber auch ein strategisches Warnsignal.
Ein Gigant, der nicht mehr wächst
WPP ist nicht irgendwer. Der Konzern ist einer der größten Werbedienstleister der Welt, mit über 100.000 Mitarbeitern in mehr als 110 Ländern. Einst war WPP ein Liebling der Investoren, als globale Markenkommunikation als Wachstumsfeld galt. Doch das Narrativ hat Risse bekommen – nicht erst seit diesem Jahr.
Schon in den vergangenen Jahren hatte WPP mit sinkenden Margen, hoher Personalintensität und digitaler Konkurrenz zu kämpfen. Agenturnetzwerke wie Ogilvy und Grey stehen zunehmend unter Innovationsdruck. Plattformen wie Google, Meta oder TikTok haben die Spielregeln der Markenkommunikation verändert – und WPP hat Mühe, mitzuhalten.
Dividendenkürzung als Signal – nicht als Einzelfall
Die Reduzierung der Ausschüttung ist mehr als ein Finanzakt. Sie ist ein Eingeständnis. Die Führung will Liquidität sichern – vielleicht auch, um sich operative Flexibilität zu erhalten oder Investitionen in neue Technologien zu ermöglichen. Doch der Markt wertet die Maßnahme als Schwäche, nicht als Vorsicht.
Besonders institutionelle Anleger, die WPP wegen seiner verlässlichen Dividendenpolitik lange gehalten haben, dürften sich nun neu orientieren. Denn auch wenn die Zwischendividende nur ein Teil der jährlichen Ausschüttung ist – das Vertrauen ist angekratzt. Und bei einem Unternehmen, das ohnehin mit strukturellem Gegenwind kämpft, reicht das oft, um neue Tiefstände zu markieren.
Wie tief ist der Fall – und was kommt danach?
Dass die Aktie auf dem Niveau von 2009 notiert, ist mehr als ein Symbol. Es ist eine Entwertung von über einem Jahrzehnt Wachstumserzählung. Anleger fragen sich: Ist das das neue Normal? Oder nur eine kurzfristige Übertreibung?
Der Kapitalmarkt scheint skeptisch. Solange keine klare Wachstumsstrategie erkennbar ist, keine überzeugende digitale Positionierung sichtbar wird und Kundenbudgets weiter unter Druck stehen, bleibt WPP in der Defensive. Der Schritt bei der Dividende könnte erst der Anfang sein.
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