Tesco trotzt der allgemeinen Konsumzurückhaltung und meldet beeindruckende Wachstumszahlen. Während britische Haushalte unter der anhaltenden Inflationsbelastung ächzen, gelingt es dem Marktführer, Kundenbindung und Umsatz spürbar zu steigern.
In den 13 Wochen bis zum 24. Mai kletterten die Erlöse auf vergleichbarer Basis um 4,6 Prozent auf 16,4 Milliarden Pfund. Auf dem Heimatmarkt fiel der Zuwachs mit 5,1 Prozent sogar noch etwas kräftiger aus als im Vorquartal.
Zurück auf altem Terrain
Besonders bemerkenswert: Tesco erreicht mit einem Marktanteil von 28 Prozent in Großbritannien ein Niveau, das seit 2016 nicht mehr erzielt wurde.
In einem Markt, der von aggressiven Discountern wie Aldi und Lidl dominiert wird, ist das eine bemerkenswerte Trendwende. Denn lange Zeit sah es so aus, als müssten die klassischen Supermarktketten gegen den Preis- und Kostendruck der Discounter endgültig kapitulieren.
Der Aldi-Trick als Erfolgsrezept
Einen wesentlichen Anteil am Wiedererstarken hat die konsequente Preispolitik. Tesco hat in den vergangenen Monaten bei hunderten Schlüsselartikeln die Preise gezielt an das Niveau von Aldi angeglichen.
Gerade bei Waren des täglichen Bedarfs, auf die die preisbewussten Kunden derzeit besonders achten, wird die Schmerzgrenze der Verbraucher nicht überreizt. Analysten sprechen von einer „strategischen Preisnivellierung“, die es Tesco ermöglicht, preislich konkurrenzfähig zu bleiben, ohne die Marge vollständig zu opfern.
Die Clubcard als Waffe im Preiskrieg
Flankiert wird diese Preispolitik vom erfolgreichen Clubcard-Treueprogramm. Mitglieder erhalten über ihre Kundenkarte Zugriff auf exklusive Rabatte und Sonderaktionen, die gezielt auf die Preissensibilität vieler Haushalte reagieren.
Gleichzeitig liefert die Clubcard wertvolle Kundendaten, die es Tesco ermöglichen, das Sortiment und die Preisaktionen noch feiner zu steuern. Daten, die Aldi und Lidl in dieser Detailtiefe bislang nicht zur Verfügung stehen.
Service und Qualität als Differenzierungsmerkmal
Doch Tesco punktet nicht nur über den Preis. Verbesserungen in der Produktqualität und im Service stärken die Position im Premium-Segment, das Discounter nur bedingt bedienen können.
Frischetheken, erweiterte Convenience-Angebote und neue Eigenmarken setzen Akzente, die einkommensstärkere Kundengruppen ansprechen.
Wettbewerb bleibt erbittert
Der Erfolg Tescos findet allerdings in einem weiterhin harten Wettbewerbsumfeld statt. Aldi und Lidl investieren massiv in Filialausbau und Logistik, während auch klassische Wettbewerber wie Sainsbury’s und Asda versuchen, Marktanteile zurückzuerobern.
Besonders Aldi bleibt der größte Herausforderer: Der Discounter kratzt inzwischen an einem zweistelligen Marktanteil in Großbritannien – ein historischer Höchststand.
Rückenwind aus der Konsolidierung
Hilfreich für Tesco ist auch die Marktbereinigung. Insolvenzen kleinerer Anbieter und der Rückzug mancher US-Investoren aus dem britischen Markt sorgen für weniger Fragmentierung und stärkere Marktpositionen der verbliebenen Anbieter. Tesco profitiert hier als klarer Platzhirsch von Größenvorteilen bei Einkauf, Logistik und Sortimentstiefe.
Der nächste Prüfstein kommt im Weihnachtsgeschäft
Ob Tesco den neuen Aufwärtstrend halten kann, dürfte sich spätestens im lukrativen Weihnachtsgeschäft zeigen. In Zeiten hoher Energiekosten, stagnierender Reallöhne und steigender Hypothekenzinsen wird die Preiselastizität der britischen Verbraucher erneut auf die Probe gestellt. Doch mit seiner aktuellen Positionierung scheint Tesco gut gewappnet – vorerst.
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