Es ist ein Paukenschlag im Dauerstreit um den Glasfaserausbau: Die Bundesnetzagentur stellt ihre Monitoringstelle ein und erklärt, man habe „keine belastbaren Rückschlüsse“ aus den zahlreichen Doppelmeldungen ziehen können. Damit endet ein Konflikt, der die Branche seit Jahren spaltet – zugunsten der Deutschen Telekom.
Für viele Wettbewerber ist das nicht nur eine Enttäuschung, sondern ein Freifahrtschein für Monopolstrukturen im digitalen Rückgrat der Republik.
Freifahrtschein für den Ex-Monopolisten?
Worum es geht: Der sogenannte Überbau – also das parallele Verlegen von Glasfaserkabeln in Regionen, die eigentlich schon durch andere Anbieter versorgt oder dafür geplant sind – wird von kleineren Netzbetreibern seit Jahren kritisiert.
Sie werfen der Telekom vor, ihre Marktmacht systematisch auszunutzen, um in bereits erschlossene Gebiete vorzudringen, teils nur durch die bloße Ankündigung. Die Folge: Investoren springen ab, Ausbauprojekte werden gestoppt. Der flächendeckende Glasfaserausbau droht ins Stocken zu geraten.
Die Telekom bestreitet das – und fühlt sich nun bestätigt. „Die Schein-Debatte ist beendet“, kommentierte Telekom-Regulierungschef Wolfgang Kopf den Bericht der Bundesnetzagentur. Doch bei den Branchenverbänden Breko und VATM schrillen die Alarmglocken.
Was die Netzagentur sagt – und was sie nicht sagt
Die Bundesnetzagentur erkennt zwar über 500 gemeldete Doppelausbau-Fälle an, sieht darin aber keinen systematischen Missbrauch. „Leere Ausbauankündigungen“ seien selten gewesen, heißt es lapidar.
Tatsächlich stellt sie jedoch klar, dass man künftig nur noch auf konkrete, belegbare Beschwerden reagiert – ein Rückzug aus der aktiven Regulierung. Für viele Marktteilnehmer gleicht das einer Kapitulation vor dem übermächtigen Ex-Staatskonzern.
Dass die Behörde just jetzt die Reißleine zieht, wo der Glasfaserausbau als nationale Schlüsselaufgabe gilt und von Kanzleramt bis Digitalministerium ganz oben auf der Agenda steht, wirkt wie ein Anachronismus. Es geht nicht nur um Marktanteile, sondern um Infrastrukturhoheit im digitalen Zeitalter.
Der Markt reagiert nervös
An der Börse sorgte der vermeintliche Rückenwind für die Telekom-Aktie nur kurz für Auftrieb. Schon einen Tag nach der Meldung rutschte das Papier wieder ins Minus. Analysten verweisen auf die politische Brisanz der Entscheidung – und auf das potenzielle Risiko, dass Brüssel oder sogar Gerichte bald eingreifen könnten, sollte sich der Markt weiter einseitig entwickeln.
Denn während sich der Bonner Konzern als nationaler Glasfaser-Champion inszeniert, sehen Wettbewerber eine bedenkliche Entwicklung: Wer Ausbaukosten in Milliardenhöhe scheut, aber in jedem zweiten Landkreis mit der Telekom konkurrieren muss, wird irgendwann aufgeben – oder gar nicht erst investieren. „Volkswirtschaftlich unsinnig“, nennt es Breko-Geschäftsführer Alsleben.
Was nun?
Die Bundesnetzagentur hat mit ihrer Entscheidung vor allem eines geschaffen: Rechtsklarheit für die Telekom – und Unsicherheit für den Rest der Branche. Die zentrale Frage bleibt: Wer baut Deutschlands digitale Zukunft? Ein gesunder Infrastrukturwettbewerb – oder ein marktbeherrschender Gigant mit Heimvorteil?
Der Appell der Branche richtet sich jetzt an Bundesdigitalminister Karsten Wildberger. Er soll faire Wettbewerbsbedingungen schaffen, bevor der Überbau zur Wachstumsbremse wird – und zur neuen digitalen Spaltung zwischen städtischem Glasfaserturbo und ländlichem Schneckentempo.
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