27. Juli, 2024

Politik

Stockende EU-Pläne für Lieferkettengesetz aufgrund fehlender Zustimmung

Stockende EU-Pläne für Lieferkettengesetz aufgrund fehlender Zustimmung

Im Ringen um strengere Auflagen für Unternehmen in der Europäischen Union befindet sich das geplante Lieferkettengesetz auf rutschigem Parkett. Die belgische EU-Ratspräsidentschaft verkündete jüngst eine unerwartete Vertagung der Abstimmung über das Gesetzesvorhaben, das zuvor zwischen den Unterhändlern als Kompromiss erarbeitet worden war. Eine Mehrheit für die Verabschiedung des Gesetzes ist momentan nicht in Sicht.

Aus Deutschland schallt deutlicher Gegenwind. Ministerien, welche von der Freien Demokratischen Partei geleitet werden, signalisierten kurzfristig Widerstand gegen das Projekt und entfachten damit eine Kontroverse in den politischen Rängen der EU. Carl-Julius Cronenberg, Bundestagsabgeordneter der FDP, kommunizierte, dass auch andere EU-Mitgliedstaaten Bedenken äußerten.

Das EU-Lieferkettengesetz will Unternehmen für Verstöße gegen Menschenrechte wie Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU zur Rechenschaft ziehen und sie zu einer konsequenteren Einhaltung der Klimaziele nach dem Pariser Abkommen veranlassen. Obwohl bereits ein nationales Pendant in Deutschland existiert, würde das europäische Pendant den regulativen Rahmen erweitern und stärkere rechtliche Mittel zur Durchsetzung der Einhaltung dieser Vorgaben ermöglichen.

Spannungen in der deutschen Regierungskoalition, die als Ampel-Koalition bekannt ist, werden zunehmend sichtbar. Bereits vor einer Woche lehnten die federführenden FDP-Ministerien für Justiz und Finanzen die Pläne ab und zogen Kritik von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nach sich, welche die verlässliche Position Deutschlands in der EU gefährdet sieht.

Anna Cavazzini, Europaabgeordnete der Grünen, benannte die Verschiebung als "Trauerspiel" und kritisierte den FDP-Einfluss auf andere Länder. Die Aufforderung an den Bundeskanzler lautet nun, ein Machtwort zu sprechen. Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge äußerte ihr Bedauern über das wackelige Schicksal der Abstimmung durch die deutsche Enthaltung.

Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung warnte vor wirtschaftlichen und politischen Verlusten bei einem Scheitern des Gesetzes und kritisierte eine mögliche Enthaltung Deutschlands als Versäumnis – sowohl moralisch als auch für das Qualitätsimage deutscher Produkte.

Unternehmensverbände dagegen pochen auf die negativen Konsequenzen des Gesetzesvorhabens. In einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz heben sie die Risiken für den europäischen Wirtschaftsraum hervor – insbesondere durch potenzielle Rückzüge von Unternehmen, unbegründete Klagen und unverhältnismäßige Strafen. Zu den Unterzeichnern zählen die Präsidenten des BDI, BDA, DIHK und ZDH.