Wenn das Büro zur steuerlichen Zeitbombe wird
Wer als Selbstständige über Jahrzehnte ein Homeoffice im Eigenheim nutzt, denkt selten daran, dass genau dieses Büro später teuer werden könnte.
Der Fall unserer Leserin zeigt: Wer steuerlich nicht aufpasst, riskiert bei der Betriebsaufgabe eine empfindliche Nachzahlung.
Der Grund: Das Finanzamt stuft betriebliche Räume im Privatbesitz automatisch als Betriebsvermögen ein – mit allen steuerlichen Folgen.
Büro im Eigenheim? Steuerrechtlich ein Minenfeld
Unsere Leserin hat in ihrem geerbten Haus rund 20 Prozent der Fläche als Büro genutzt – ohne vollständige bauliche Trennung, aber mit steuerlicher Absetzung der Betriebskosten.
„Viele Selbstständige wähnen sich in Sicherheit, solange das Büro einfach im Haus steht – doch steuerlich ist es längst Teil des Betriebsvermögens. Und das holt das Finanzamt sich zurück, wenn die Selbstständigkeit endet.“
Genau das genügt dem Finanzamt. Auch wenn keine Abschreibungen vorgenommen wurden, kann das Finanzamt den Gebäudeteil rückwirkend ins Betriebsvermögen überführen.
Und bei Betriebsaufgabe wird’s teuer: Dann sind die über Jahrzehnte aufgelaufenen Wertsteigerungen plötzlich steuerpflichtig – als sogenannter „Entnahmegewinn“.

Verstrickung statt Abschreibung: Der steuerliche Bumerang
Besonders bitter: Selbst wenn man keine Abschreibungen genutzt hat, droht die Steuer auf die stillen Reserven. Denn das Büro hätte schon bei Einrichtung vor 20 Jahren mit dem damaligen Verkehrswert ins Betriebsvermögen eingelegt werden müssen.
Diese „Verstrickung“ ist steuerlich bindend – sie lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Selbst der Bodenanteil wird anteilig als Betriebsvermögen gewertet, was die Steuerlast weiter erhöht.
Verkauf, Aufgabe, Umnutzung: Jede Veränderung wird teuer
Ob Sie verkaufen, die Selbstständigkeit aufgeben oder das Büro künftig privat nutzen wollen – jede dieser Maßnahmen gilt als „Entnahme“ aus dem Betriebsvermögen.
Und genau dann schlägt das Finanzamt zu. Die zehnjährige Spekulationsfrist, die im Privatbereich greift, spielt hier keine Rolle. Es zählt nur der damalige Verkehrswert und die heute realisierten Wertzuwächse – und auf die wird Einkommensteuer fällig.
„Wer das Arbeitszimmer im Eigenheim steuerlich nutzt, muss auch den Exit planen. Ohne kluge Strategie drohen fünfstellige Nachzahlungen, und die kommen oft genau dann, wenn das Einkommen sinkt.“
Strategien für Spätentschlossene: Ruhen lassen oder übertragen
Wer die Steuerfalle umgehen will, hat nur noch wenige Optionen: Eine Möglichkeit ist, den Betrieb formal nicht aufzugeben, sondern ruhen zu lassen. Das verzögert die Entnahmeversteuerung – solange das Büro theoretisch weiter genutzt werden könnte.
Eine andere Möglichkeit ist die steuerneutrale Übertragung auf eine Personengesellschaft. Doch auch das ist komplex, und es bleibt die steuerliche Verstrickung bestehen. Nur: Die Liquidität für die Steuerzahlung wäre nicht sofort erforderlich.
Letzte Hoffnung: Gnade vom Finanzamt
Ein Billigkeitserlass könnte in extremen Fällen helfen – etwa wenn die Steuerlast unzumutbar ist. Doch die Hürden dafür sind hoch.
Ein Grundstück in „guter Lage mit Garten“ spricht eher gegen eine finanzielle Notlage. Selbst bei Stundung verlangen die Finanzämter derzeit sechs Prozent Zinsen jährlich – ein teures Aufschieben.
Redaktionsempfehlung: Jetzt handeln – und nicht auf das Finanzamt hoffen
Unsere Empfehlung an alle Selbstständigen mit Homeoffice im Eigenheim: Warten Sie nicht auf den Ruhestand, sondern lassen Sie die Situation frühzeitig von einem erfahrenen Steuerberater prüfen.
Wer seine Selbstständigkeit beendet, ohne das Thema „Büro im Haus“ sauber zu regeln, riskiert im schlimmsten Fall eine fünfstellige Nachzahlung. Das lässt sich mit kluger Planung oft vermeiden.
Auch wenn das Büro nicht abgeschlossen ist oder keine Toilette hat – das schützt nicht vor der steuerlichen Einstufung als Betriebsvermögen. Im Gegenteil: Mischnutzung kann die Situation sogar verschärfen.
Wer heute noch die Weichen richtig stellt, kann sich später vor bösen Überraschungen schützen. Das Thema ist komplex – aber lösbar. Vorausgesetzt, man ignoriert es nicht.
Disclaimer:
Die hier veröffentlichten Informationen ersetzen keine individuelle Steuerberatung. Jeder Einzelfall kann steuerlich unterschiedlich zu bewerten sein. Die Redaktion empfiehlt ausdrücklich, einen qualifizierten Steuerberater*in hinzuzuziehen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
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