Der Schock steht zuerst in der Fußnote: Obwohl Stabilus mehr Umsatz macht, bleibt am Ende deutlich weniger hängen. Der Koblenzer Zulieferer meldet für das Geschäftsjahr 2024/25 einen Konzerngewinn von nur noch 24,2 Millionen Euro – nach 72 Millionen im Vorjahr. Ein Rückgang von zwei Dritteln. Und das in einem Jahr, in dem der Umsatz eigentlich gestiegen ist.
1,396 Milliarden Euro setzte das Unternehmen um, rund sieben Prozent mehr als im Vorjahr (1,305 Milliarden). Trotzdem schrumpft das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) um neun Prozent auf 142,6 Millionen Euro. Die Marge rutscht von 12 auf 11 Prozent.
Ein Ergebnisgewinn sieht anders aus.

Kosten, die wachsen, obwohl der Umsatz wächst
Wie lässt sich dieser Widerspruch erklären?
Die Antwort ist unkomfortabel: Stabilus verdient operativ weniger, obwohl das Geschäft nicht eingebrochen ist. Der Grund liegt im Inneren des Unternehmens.
Im September startete Stabilus ein umfassendes Spar- und Transformationsprogramm. Ziel: Strukturen verschlanken, Synergien heben, langfristig effizienter werden. Realität: hohe Einmalkosten – sofort. Einsparungen – irgendwann.
Allein 18 Millionen Euro fallen als Einmaleffekt an. Und das ist erst der Anfang.
Der härteste Hebel im Programm: 450 Stellen sollen wegfallen. Fast sechs Prozent der Belegschaft. Besonders betroffen sind die Standorte in Deutschland und den USA. Büros werden zusammengelegt, Hierarchien gestrafft.
Die Führungsspitze kommuniziert nüchtern, aber die Botschaft dahinter ist klar: Stabilus muss sich neu erfinden, bevor der Markt es tut.
Ein Markt, der sich nicht mehr von selbst trägt
Die Zeiten, in denen Zulieferer sich auf stetig steigende Auftragseingänge verlassen konnten, sind vorbei. Handelskonflikte bremsen die globalen Lieferketten aus, OEMs drücken aggressiver auf Preise und versuchen, mehr Gewinnanteile selbst einzubehalten.
Hinzu kommt der US-Dollar.
Für Stabilus, das in Nordamerika ein wichtiges Standbein hat, wirkt der schwache Dollar unmittelbar ergebnisbelastend: Umsätze, die in Dollar erzielt werden, verlieren bei der Umrechnung in Euro an Gewicht.
CEO Michael Büchsner bringt es auf den Punkt: „Wir bewegen uns in einem anspruchsvollen Marktumfeld, geprägt von Handelskonflikten, zunehmendem Preisdruck und einem schwachen US-Dollar.“
In der Sprache der Zulieferindustrie bedeutet „anspruchsvoll“: hart, teuer, unberechenbar.

Wenn Transformation ein Muss wird – und kein Wahlprogramm
Stabilus produziert Gasdruckfedern und elektromechanische Öffnungssysteme – also die Komponenten, die beim Öffnen von Autotüren, Kofferraumklappen oder Industrieanlagen unsichtbar ihre Arbeit tun. Ein klassisches Zuliefergeschäft: wenig sichtbar, hochgradig austauschbar, starker Preisdruck.
Das Transformationsprogramm soll das ändern.
Die Strategie:
- mehr Fokus auf margenstärkere Geschäftsbereiche
- Konzentration auf wachstumsstärkere Regionen
- Reduktion von Komplexität im Produktportfolio
Kurz gesagt: Weniger Streuung, mehr Profitkompetenz.
Das kostet zunächst Geld. Und es kostet Jobs. Aber in der Branche gilt ein ungeschriebenes Gesetz:
Wer sich nicht schlank macht, wird irgendwann überholt.
Was jetzt zählt
Stabilus befindet sich in der Übergangsphase zwischen „funktionierendem Status quo“ und „notwendiger Neuausrichtung“. Solche Phasen sind teuer – und werden von Investoren oft nicht belohnt.
Aber sie sind manchmal der einzige Ausweg.
Die kommenden Quartale werden darüber entscheiden, ob der Konzern die Kurve kriegt: ob die Kosten tatsächlich sinken, die Marge wieder steigt und die Transformation greift. Momentan zeigt sich Stabilus wie viele Zulieferer weltweit – eingequetscht zwischen schwacher Konjunktur und hart kalkulierenden Kunden.
Hier beginnt der Unterschied zwischen „Umsatz“ und „Unternehmenserfolg“.
Denn Umsatz lässt sich kaufen.
Profit muss verdient werden.



