„Sparen, gewinnen, Gutes tun“ – kaum ein Satz bringt das Versprechen der Sparkassen so perfekt auf den Punkt. Er klingt harmlos, fast tugendhaft. Doch hinter dem freundlichen Dreiklang verbirgt sich ein Geschäftsmodell, das Jahr für Jahr Milliarden einsammelt und vor allem einem nützt: den Sparkassen selbst.
Mehr als sechs Millionen Menschen nehmen jährlich an der Sparlotterie teil. Über 270 Millionen Lose werden verkauft. Bei einem Mindestpreis von fünf Euro pro Los fließt so mehr als eine Milliarde Euro durch das System. Für die Kunden wirkt das wie eine Mischung aus Sparplan, Glücksspiel und Spende. Für die Sparkassen ist es ein planbares, margenstarkes Massengeschäft.
Die Werbung verkauft Sparen, tatsächlich geht es ums Spielen
Die Inszenierung ist bewusst weich gezeichnet. Auf Sparkassenseiten lachen Menschen, Videos sprechen von Wünschen und Leichtigkeit, Slogans spielen mit Lebensfreude statt mit Zahlen. Das Produkt wird nicht als Lotterie verkauft, sondern als smarte Kombination aus Vernunft und Glück.
Dabei ist die Mechanik simpel: Ein Teil des Einsatzes landet auf einem Sparkonto, ein Teil fließt in die monatliche Auslosung, ein kleiner Teil geht an regionale Projekte. Was in der Kommunikation wie eine ausgewogene Dreiteilung wirkt, ist in der Realität deutlich asymmetrisch verteilt.
Die Milliarden fließen leise, aber zuverlässig
Die Zahlen zeigen, wie groß das Geschäft inzwischen ist. Allein im vergangenen Jahr kauften die Teilnehmer mehr als 270 Millionen Lose. Und das ist vermutlich eine konservative Schätzung. Nicht alle Sparkassenverbände, die die Lotterien organisieren, legten ihre Daten offen. Die tatsächliche Summe dürfte höher liegen.
Bei einem Lospreis von mindestens fünf Euro ergibt sich ein Gesamtvolumen von über einer Milliarde Euro jährlich. Ein Betrag, der in klassischen Sparprodukten kaum vorstellbar wäre – und der den Sparkassen eine stabile Einnahmequelle sichert, unabhängig von Zinsumfeld oder Börsenlage.

Für Kunden bleibt die Rendite meist enttäuschend
Was bekommen die Teilnehmer dafür? Einen Sparanteil, der kaum verzinst ist. Eine Gewinnchance, die statistisch gering bleibt. Und das Gefühl, etwas Gutes zu tun. Rein finanziell betrachtet ist das Produkt schwach. Die effektive Rendite liegt deutlich unter alternativen Sparformen, das Risiko-Ertrags-Verhältnis ist unausgewogen.
Der größte psychologische Trick liegt darin, dass Verluste nicht als solche wahrgenommen werden. Das Geld ist ja „nicht weg“, sondern teilweise gespart. Dass es dort zu Konditionen liegt, die real Kaufkraft kosten, wird ausgeblendet. Das Glücksspiel tarnt sich als Vorsorge.
Die Sparkassen profitieren mehrfach vom selben Euro
Für die Sparkassen ist das Modell elegant. Sie kassieren Verwaltungsgebühren, verfügen über hohe Liquidität und binden Kunden emotional an die Marke. Gleichzeitig entsteht kaum Beratungsaufwand. Das Produkt verkauft sich über Emotionen, nicht über Performance.
Hinzu kommt der Imagegewinn durch die Spendenkomponente. Regionale Projekte profitieren tatsächlich – allerdings mit einem Bruchteil der Gesamtsumme. Der soziale Nutzen ist real, aber klein im Verhältnis zum eingesetzten Kapital. Für die Sparkassen ist er dennoch wertvoll, weil er Kritik entschärft.
Glücksspiel mit Gemeinwohl-Siegel
Rechtlich gelten PS-Lose als Lotterie. In der Wahrnehmung vieler Kunden jedoch nicht. Genau darin liegt die Besonderheit – und das Problem. Das Produkt bewegt sich in einer Grauzone zwischen Sparen und Spielen, ohne die Risiken des Spielens offen zu benennen.
Wer regelmäßig Lose kauft, beteiligt sich an einem Glücksspiel mit sehr niedriger Gewinnwahrscheinlichkeit. Dass dies im Mantel der Gemeinnützigkeit geschieht, macht es gesellschaftlich akzeptabler, aber nicht wirtschaftlich sinnvoller.
Warum das Modell so gut funktioniert
Die Zielgruppe ist breit. Vom Azubi bis zur Rentnerin – PS-Sparen verlangt keine Finanzkenntnisse, keine Entscheidung, keine aktive Beschäftigung. Ein Dauerauftrag genügt. Monat für Monat.
Gerade in Zeiten niedriger Zinsen wirkt das Versprechen, wenigstens eine Gewinnchance zu haben, verführerisch. Die Alternative wäre, sich aktiv mit Geldanlage auseinanderzusetzen. Das PS-Los nimmt diese Entscheidung ab – und ersetzt sie durch Hoffnung.
Transparenz bleibt das größte Defizit
Wie viel genau vom Lospreis bei den Sparkassen bleibt, ist für Kunden kaum nachvollziehbar. Die Aufschlüsselung ist komplex, regional unterschiedlich und selten prominent kommuniziert. Wer verstehen will, wie das eigene Geld tatsächlich verteilt wird, muss suchen – oder rechnen.
Genau das tun die meisten nicht. Und genau darauf ist das Modell ausgelegt.
Ein sicheres Geschäft in unsicheren Zeiten
Während Banken mit Margendruck kämpfen und klassische Sparprodukte an Attraktivität verlieren, liefert die Sparlotterie verlässliche Einnahmen. Monatlich. Emotional abgesichert. Politisch kaum angreifbar.
Das PS-Sparen zeigt, wie erfolgreich Finanzprodukte sein können, wenn sie nicht als solche wahrgenommen werden. Es ist kein Skandal, kein Betrug – aber ein Geschäft, bei dem die Rollen klar verteilt sind.
Das große Los ziehen hier nicht die Kunden. Sondern die Sparkassen.


