15. Juni, 2025

Märkte

Sind Sie in Lateinamerika investiert? Warum die Börsen 2025 glänzen werden

Die Aktienmärkte Lateinamerikas feiern ein eindrucksvolles Comeback. Niedrige Bewertungen, politische Wende, stabile Unternehmen und geopolitische Chancen sorgen für Rückenwind. Doch wie nachhaltig ist der Boom?

Sind Sie in Lateinamerika investiert? Warum die Börsen 2025 glänzen werden
Stark gestartet, aber fragil: Trotz zweistelliger Kursgewinne 2025 bleibt Lateinamerika stark abhängig von Rohstoffexporten wie Kupfer, Eisenerz und Soja, deren Preise zuletzt nur moderat gestiegen sind.

Die Party hat begonnen – und diesmal könnte sie länger dauern

Die Erholung kam leise, fast unbeachtet. Während Anleger und Analysten noch gebannt auf die US-Leitzinsen, Chinas Immobilienkrise und Europas Wachstumsschwäche starrten, legte Lateinamerika 2025 einen Börsenstart hin, der inzwischen kaum mehr zu ignorieren ist.

Zweistellige Zuwächse in allen großen Märkten, stabile Unternehmenszahlen und wachsende Kapitalzuflüsse haben die Region aus dem Schatten der Schwellenländer zurück ins Rampenlicht katapultiert.

Nach Jahren politischer Unsicherheiten, schwächelnder Währungen und sinkender Rohstoffpreise überrascht die Geschwindigkeit, mit der sich das Blatt nun wendet. Brasilien, Mexiko, Kolumbien und Peru führen das Feld an – und die Indikatoren deuten darauf hin: Das könnte erst der Anfang sein.

Vom Problemfall zum Anlageliebling

2024 noch war die Lage alles andere als rosig. Brasilien ächzte unter sinkenden Eisenerz- und Ölpreisen, hoher Inflation und einer abwertenden Währung. In Mexiko dominierte die Angst vor neuen US-Zöllen und politischen Verwerfungen infolge der anstehenden Präsidentschaftswahlen.

Kleinere Märkte wie Kolumbien und Peru hielten sich zwar vergleichsweise stabil, doch insgesamt galten die Aussichten als fragil.

Dann die Wende: Der US-Dollar begann zu schwächeln, die befürchteten Zollschläge der USA blieben moderat, und die Notenbanken der Region bekamen endlich Luft, ihre Leitzinsen zu senken. Die Märkte waren zu diesem Zeitpunkt so tief bewertet, dass bereits kleine positive Signale heftige Kursreaktionen auslösten.

Friend-Shoring mit Risiken: Mexiko profitiert vom Produktionsverlagerungstrend der USA, bleibt jedoch verwundbar bei einer möglichen Eskalation des US-chinesischen Handelskonflikts oder unter einer möglichen zweiten Trump-Präsidentschaft.

Fundamentaldaten stützen den Aufschwung

Die Unternehmensbilanzen haben ihren Teil zur Stabilisierung beigetragen. Vor allem Konzerne in Brasilien und Mexiko zeigten sich überraschend robust.

Kostenkontrolle, stabile Margen, Aktienrückkäufe und Dividendenpolitik sorgten für wachsende Gewinne und verbesserte die Stimmung unter institutionellen Investoren. Gewinnprognosen wurden reihenweise nach oben angepasst, selbst in Sektoren, die noch vor Kurzem unter Druck standen.

Gleichzeitig strömt immer mehr inländisches Kapital in die eigenen Börsenmärkte. Vor allem brasilianische Pensionsfonds und mexikanische Versicherer entdecken den Charme der heimischen Aktienmärkte neu.

Dazu kommt eine wachsende Kapitalrotation internationaler Investoren weg von den hochbewerteten US-Techwerten hin zu günstig bewerteten Schwellenländern.

Politischer Rückenwind statt Dauerkrise

Die politische Großwetterlage unterstützt den Optimismus zusätzlich. In mehreren Ländern könnten in den kommenden 18 Monaten Mitte-Rechts-Regierungen an die Macht kommen.

Märkte reagieren in Lateinamerika traditionell positiv auf eine wirtschaftsliberalere Agenda, insbesondere im Hinblick auf Steuer-, Handels- und Investitionspolitik.

Während Brasilien mit seiner schrittweisen Abschottungspolitik versucht, die eigene Industrie zu stärken, profitiert Mexiko massiv vom sogenannten „Friend-Shoring“.

Geldpolitik in der Zwickmühle: Zwar haben Zinssenkungen der Notenbanken die Märkte angefeuert, doch Inflation und Währungsabwertungen bleiben strukturelle Herausforderungen in mehreren Ländern der Region.

Amerikanische Unternehmen verlagern Teile ihrer Produktion aus geopolitisch sensiblen Regionen nach Mexiko – die Nähe zum US-Markt und das existierende Handelsabkommen machen den Standort hochattraktiv.

Geopolitik spielt Lateinamerika in die Hände

Die globalen Spannungen zwischen den USA und China eröffnen zusätzliche Chancen. Mexiko wird zunehmend zum alternativen Fertigungsstandort für US-Konzerne. Gleichzeitig positionieren sich südamerikanische Länder wie Brasilien und Argentinien als Rohstofflieferanten in einer multipolaren Weltordnung.

Rohstoffseitig bleibt zwar ein breit angelegter Superzyklus derzeit aus, doch selbst moderate Preissteigerungen bei Schlüsselgütern wie Kupfer, Eisenerz und Soja könnten der Region weiteren Schub verleihen. Gerade Chile und Peru hoffen auf eine Erholung des Kupfermarkts, während Brasiliens Wirtschaft empfindlich auf Sojaexporte angewiesen bleibt.

Bewertungen bleiben attraktiv – vorerst

Auch nach der laufenden Rally erscheinen die Bewertungsniveaus attraktiv. Historisch betrachtet handelt der MSCI Latin America Index weiterhin mit einem deutlichen Abschlag zu US- und europäischen Indizes.

Gleichzeitig sind die Gewinnmargen vieler Unternehmen robust, die Verschuldungsniveaus moderat und die Dividendenausschüttungen ansehnlich.

Dass sich Anleger derzeit verstärkt für Lateinamerika interessieren, ist deshalb weniger Zufall als Ergebnis einer selten günstigen Gemengelage: niedrige Bewertungen, positive politische Impulse, solide Unternehmen und geopolitische Verschiebungen, die das Wachstumspotenzial der Region neu bewerten lassen.

Doch Risiken bleiben präsent

Trotz aller Euphorie: Lateinamerika bleibt politisch volatil und wirtschaftlich fragil, wenn sich externe Schocks häufen. Ein erneuter Aufwertungszyklus des US-Dollars, Handelskonflikte oder innenpolitische Krisen könnten jederzeit die positive Stimmung kippen. Hinzu kommt die immerwährende Abhängigkeit vieler Länder von globalen Rohstoffpreisen und den Schwankungen der Exportmärkte.

Doch aktuell scheint sich die Region erstmals seit Jahren aus dem reinen Rohstoffschatten herauszubewegen und eigene strukturelle Stärken zu entwickeln. Sollte dieser Trend anhalten, könnte Lateinamerika nicht nur 2025, sondern möglicherweise auf längere Sicht wieder eine gewichtige Rolle in den globalen Portfolios spielen.

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