Bruch legt sich fest – und setzt Siemens Gamesa eine harte Frist
Es war eine der deutlichsten Ansagen des gesamten Kapitalmarkttags in den USA: Siemens Gamesa, die seit Jahren defizitäre Windtochter von Siemens Energy, soll 2028 wieder „stark cash positiv“ sein. Vorstandschef Christian Bruch sprach von einem klaren Plan, der nun umgesetzt werde.
Wenn ein Manager sich derart festlegt, ist das bemerkenswert – insbesondere, wenn die Ausgangslage so schwierig ist wie bei Gamesa. Der jüngste freie Cashflow betrug rund minus 1,75 Milliarden Euro. Eine Zahl, die für sich genommen zeigt, wie tief das Unternehmen in den roten Zahlen steckt.
Doch Bruch knüpft daran eine zweite Zielmarke: Bereits 2026 soll Siemens Gamesa die Gewinnschwelle erreichen.
Damit setzt der Konzern einen ambitionierten Zeitplan – und erhöht den Druck auf eine Sparte, die in den vergangenen Jahren vor allem durch Qualitätsmängel, Lieferkettenprobleme und teure Nacharbeiten aufgefallen ist.

Die Historie der Probleme – und warum das Vertrauen angeschlagen ist
Siemens Gamesa ist, trotz seiner strategischen Bedeutung, eines der größten Sorgenkinder der europäischen Energiewirtschaft. Turbinenfehler, Materialprobleme, enorme Reparaturkosten und eine jahrelang unterschätzte Komplexität bei neuen Modellen sorgten für Milliardenschäden.
Der Windmarkt selbst? In vielen Regionen profitabel. Doch Gamesa schaffte es nicht, den eigenen Produktmix stabil zu halten. Zu viele Modellwechsel, zu viel technisches Risiko, zu viele Konstruktionsschwächen.
Dass nun ausgerechnet dieses Unternehmen innerhalb von drei Jahren die Gewinnschwelle erreichen und zwei Jahre später deutlich im Plus stehen soll, ist ein Kraftakt.
Bruch weiß das – und doch stellt er sich mit klaren Worten hinter den Turnaround.
Warum Siemens Energy diesen Erfolg dringend braucht
Siemens Energy kämpft nicht allein mit Gamesa. Der Konzern steht durch Garantien, staatliche Unterstützungspakete und eigene Verpflichtungen ohnehin unter Beobachtung. Die Anleger verlangen Klarheit und sichtbare Fortschritte, vor allem nachdem der Windbereich den Gesamtkonzern in den vergangenen Jahren massiv belastet hat.
Der Kapitalmarkttag war daher mehr als eine Präsentation – es war eine Vertrauensprobe. Die Botschaft lautet: Wir haben die Fehler erkannt, wir setzen ein hartes Programm um, und ab 2028 wird Gamesa nicht mehr die Bilanz gefährden.
Ohne diesen Turnaround wären andere strategische Wachstumsfelder des Konzerns – etwa Netztechnik oder Wasserstoff – finanziell schwerer zu stemmen.
Der Plan hinter dem Optimismus – weniger Vielfalt, höhere Standards, stabilere Produktion
Der Vorstand nennt mehrere Hebel, um Gamesa wieder auf Kurs zu bringen:
- Radikale Vereinfachung der Produktpalette, um die technische Komplexität zu reduzieren.
- Qualitätssicherung in der Produktion, um kostspielige Nacharbeiten zu vermeiden.
- Bessere Preisgestaltung und selektiver Auftragseingang, um Verlustprojekte auszuschließen.
- Striktere Investitionskontrolle, um Fehlentwicklungen früh zu erkennen.
Das klingt vernünftig – tatsächlich sind viele der Fehler der vergangenen Jahre hausgemacht. Doch entscheidend wird sein, ob der Konzern die Disziplin hält, die er sich selbst verordnet hat.

Der Markt beobachtet genau – und bleibt skeptisch
Bruchs Ankündigung sorgte für Aufmerksamkeit, aber keine Euphorie. Zu oft hatte Siemens Gamesa ambitionierte Pläne präsentiert, die später von neuen technischen Problemen eingeholt wurden. Analysten betonen, dass der Konzern erst liefern muss, bevor der Markt seine Erzählung glaubt.
Der Wettbewerbsdruck kommt dabei von mehreren Seiten: Vestas, GE Vernova und chinesische Hersteller haben den globalen Windmarkt längst anders strukturiert. Wer hier wieder Marktanteile gewinnen will, muss fehlerfrei produzieren – und stabile Margen liefern.
Siemens Gamesa tritt also nicht nur gegen die eigene Vergangenheit an, sondern gegen eine Branche, die sich dramatisch verändert hat.
Warum 2028 ein Schicksalsjahr wird
Siemens Energy gibt seiner Windtochter fünf Jahre – länger wird der Markt dem Konzern kaum Zeit einräumen. 2028 wird sich zeigen, ob der Turnaround tatsächlich gelungen ist oder ob Siemens Gamesa zu einem dauerhaften Risiko bleibt.
Der Satz von Christian Bruch, Gamesa werde dann „stark cash positiv“ sein, ist deshalb mehr als nur ein Ziel. Es ist ein Versprechen – an Anleger, an die Politik, an die Belegschaft.
Und ein Versprechen, das der Konzern sich nach Jahren voller Rückschläge nicht leisten kann zu brechen.


