22. Oktober, 2024

Politik

Scholz trifft Milei: Mahnung zur Sozialverträglichkeit und Freihandelsabkommen

Scholz trifft Milei: Mahnung zur Sozialverträglichkeit und Freihandelsabkommen

Ein Treffen der besonderen Art fand am Sonntag im Kanzleramt statt, als Bundeskanzler Olaf Scholz den argentinischen Präsidenten Javier Milei empfing. Der exzentrische Staatschef, bekannt für seine ultraliberalen Ansichten und unkonventionellen Auftritte, erhielt von Scholz mahnende Worte zur Sozialverträglichkeit seiner Sparmaßnahmen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, dass der Schutz des gesellschaftlichen Zusammenhalts ein wesentlicher Maßstab für die harten Einsparungen Mileis sein sollte.

Milei, ein bekennender Gegner sozialer Sicherungssysteme, setzt auf radikale Reformen, um Argentinien aus der schweren wirtschaftlichen Rezession zu führen. Sein Mantra 'Der Staat ist nicht die Lösung, sondern das Problem' prägte den Wahlkampf des Präsidenten, der sogar mit einer heulenden Kettensäge auftrat. Eine geplante gemeinsame Pressekonferenz und der Empfang mit militärischen Ehren wurden auf Mileis Wunsch hin abgesagt, sodass das Treffen auf ein einstündiges Gespräch und einen kurzen Fototermin beschränkt blieb.

Unterdessen versammelten sich vor dem Kanzleramt mehrere Dutzend Demonstranten, die mit Plakaten und Sprechchören gegen Mileis Besuch protestierten und ihren Unmut über dessen radikalen Sparkurs kundtaten. Argentinien leidet unter einem organischen Niedergang der Wirtschaftsleistung, wie der Internationale Währungsfonds (IWF) mit einem prognostizierten Rückgang von 2,8 Prozent in diesem Jahr bestätigt. Beinahe 56 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, 18 Prozent davon in extremer Armut.

Im Verlauf des Gesprächs drängten Scholz und Milei auf einen zügigen Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens, das seit 25 Jahren in Verhandlung steht. Die Umsetzung der Grundsatzeinigung von 2019 wird allerdings durch Bedenken, etwa beim Regenwaldschutz, verzögert. Einigkeit herrschte auch bezüglich des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Beide Staatschefs betonten, dass es in der Verantwortung Russlands liege, den Krieg zu beenden.

Javier Milei, oft mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump verglichen, trat bei seinem Besuch in Deutschland überraschend zurückhaltend auf. Nach einem Auftritt in Hamburg, bei dem er von der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft ausgezeichnet wurde, und während seiner Teilnahme an verschiedenen Terminen in Anwesenheit politisch rechtskonservativer Persönlichkeiten, gab er sich ungewohnt mild.

Abseits der politischen Gespräche widmete Milei sein Interesse auch dem Gedenken an die Opfer des Holocaust. Beim Besuch des Holocaustmahnmals in Berlin zeigte er eine tiefere, nachdenkliche Seite. Milei, der laut eigenen Angaben ein Faible für das Judentum hat, positioniert sich auch als entschlossener Verbündeter Israels, insbesondere in Zeiten des Gaza-Kriegs.

Vor dem Treffen mit Scholz hatten nur wenige Staatsoberhäupter Milei empfangen, darunter Benjamin Netanjahu, Giorgia Meloni, Nayib Bukele und Papst Franziskus. Reisen zu Nachbarländern wie Brasilien und Chile ließ Milei aufgrund ideologischer Differenzen ausfallen. Stattdessen konzipierte er seine USA-Aufenthalte um Treffen mit Persönlichkeiten wie Elon Musk und Donald Trump, jedoch ohne einen Termin im Weißen Haus.