Deutschlands wertvollstes Start-up und der wertvollste Börsenkonzern des Landes liefern sich eine juristische und strategische Schlacht, die ihresgleichen sucht.
Es geht um nicht weniger als die Vorherrschaft in einem der wichtigsten Zukunftsmärkte der digitalen Transformation: dem Process Mining. Auf der einen Seite Celonis, ein junges Tech-Wunder aus München.
Auf der anderen Seite SAP, ein Software-Gigant mit globalem Einfluss. Die freundschaftliche Vergangenheit ist längst Geschichte. Heute dominieren Klagen, Vorwürfe und Millionenforderungen.
Der steile Aufstieg und der abrupte Bruch
2013 begann alles mit einem Pitch am Berliner Wannsee. Celonis-Mitgründer Alexander Rinke traf SAP-Mitgründer Hasso Plattner. Daraus entstand zunächst eine Erfolgsgeschichte: Vertriebspartnerschaft, Platz auf der SAP-Preisliste, internationaler Marktzugang.
Doch der Bruch kam, als SAP 2021 den Celonis-Konkurrenten Signavio kaufte – für knapp eine Milliarde Euro. Kurz darauf flog Celonis aus dem SAP-Portfolio.
Vorwürfe, Klagen und Marktmanipulation
Seit 2023 eskaliert der Konflikt: Celonis wirft SAP vor, gezielt Mitarbeiter abgeworben und dabei interne Informationen abgegriffen zu haben. Zudem soll SAP seine Signavio-Produkte zu Dumpingpreisen vertreiben und Drittsystemen wie Celonis systematisch den Datenzugang erschweren.
SAP weist die Vorwürfe zurück und zog mit einer Klage vor das Verwaltungsgericht Karlsruhe – Celonis konterte mit einer Gegenklage in den USA.

Process Mining als strategischer Hebel der Cloud-Zukunft
Der Streit hat wirtschaftlich enorme Tragweite. Process Mining gilt als Schlüsseltechnologie für die Einführung von KI und Automatisierung in Unternehmensprozesse.
Celonis, von Investoren einst mit bis zu 13 Milliarden Dollar bewertet, will hierführ Marktstandards setzen – und bereitet einen Börsengang vor. Doch jüngste Informationen legen nahe: Das Umsatzwachstum ist abgeflaut, die Bewertung könnte sich halbieren.
SAP auf Einkaufstour, Celonis auf Verteidigungskurs
Während SAP mit Signavio und LeanIX zwei Spezialisten integriert hat, um seine Cloudstrategie zu komplettieren, verliert Celonis Marktanteile an Microsoft, UiPath und IBM.
Auch Ex-SAP-Chef Bill McDermott mischt mit ServiceNow mit. In der Summe kämpfen beide Unternehmen um denselben Kundenstamm – mit harten Bandagen.
Ein Kampf, der die deutsche Techlandschaft prägt
Der erbitterte Konkurrenzkampf zwischen Celonis und SAP ist mehr als nur ein Rechtsstreit. Er steht exemplarisch für die neue Machtarchitektur im globalen Softwaremarkt. Und er zeigt, wie eng Partnerschaft und Feindschaft beieinanderliegen können, wenn Milliarden auf dem Spiel stehen.
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