Wachstum mit Dämpfer
SAP bleibt auf Erfolgskurs, doch die Euphorie im Cloudgeschäft hat Risse bekommen. Im dritten Quartal stieg der Cloudumsatz um 22 Prozent auf 5,29 Milliarden Euro, weniger als Analysten erwartet hatten. Das Management korrigierte daraufhin seine Jahresprognose – das Wachstum werde „am unteren Ende“ der angepeilten Spanne von 26 bis 28 Prozent liegen.
Hinter dieser Formulierung steckt Zurückhaltung. Finanzchef Dominik Asam sprach von einem „unsicheren gesamtwirtschaftlichen Umfeld“, besonders in den USA. Behörden und Industriekunden hielten sich zuletzt bei Neuabschlüssen zurück.
Die Aktie reagierte prompt: Im nachbörslichen Handel verlor das Papier mehrere Prozentpunkte.
Gewinnexplosion trotz Zurückhaltung
Erstaunlich bleibt, dass der Konzern trotz der verhaltenen Nachfrage glänzende Zahlen vorlegt. Der Gesamtumsatz stieg im dritten Quartal um sieben Prozent auf 9,08 Milliarden Euro, das bereinigte operative Ergebnis um 14 Prozent auf 2,57 Milliarden Euro. Unter dem Strich verbuchte SAP sogar ein Gewinnplus von 42 Prozent auf 2,05 Milliarden Euro – eine beeindruckende Zahl, die jedoch nicht nur auf operatives Wachstum, sondern auch auf Kostendisziplin und günstigere Wechselkurse zurückgeht.
SAP-CEO Christian Klein versucht, Zuversicht zu verbreiten: Die Auftrags-Pipeline für das vierte Quartal sehe „sehr robust“ aus, auch das Geschäft mit öffentlichen Kunden in den USA ziehe wieder an. Doch die mahnenden Worte klingen durch – der Konzern wächst zwar, aber das Umfeld wird härter.
Die Cloud als zweischneidiges Schwert
Seit Jahren baut SAP das klassische Lizenzgeschäft konsequent in Richtung Cloud um. Das bringt planbare Umsätze, kostet aber Marge und Flexibilität. Viele Großkunden verlängern Verträge langsamer oder feilschen stärker um Preise – gerade in Zeiten, in denen IT-Budgets eingefroren werden.
Hinzu kommt: Die Konkurrenz schläft nicht. Microsoft, Oracle und Salesforce investieren Milliarden in KI-gestützte Cloud-Lösungen, um Unternehmen enger an ihre Plattformen zu binden. SAP hält dagegen mit seiner „Business AI“-Strategie, doch viele Kunden wollen erst Ergebnisse sehen, bevor sie investieren.
Ein Walldorfer Insider sagt gegenüber InvestmentWeek: „Der Markt ist nicht gesättigt – aber er ist überfordert. Jeder Anbieter verspricht das Gleiche: mehr Effizienz durch KI. Die Kunden wissen kaum noch, wem sie glauben sollen.“
Zwischen Effizienz und Erwartung
SAP hat die Kosten im Griff – das zeigen die Margen. Während viele Tech-Unternehmen noch restrukturieren, hat SAP seine Verwaltung verschlankt und die Profitabilität erhöht. Finanzchef Asam kündigte zudem an, den Barmittelzufluss stärker in Innovation und Dividendenpolitik zu lenken – ein Signal an die Aktionäre, dass der Konzern auf Stabilität setzt.
Doch für die Börse ist Stabilität nicht immer sexy. Anleger erwarten Wachstum, und die Zeit der zweistelligen Cloud-Sprünge scheint fürs Erste vorbei.
Das entscheidende Quartal
Das vierte Quartal wird für SAP zur Nagelprobe. In diesen drei Monaten wird traditionell ein Großteil des Jahresgewinns erzielt – insbesondere durch Großabschlüsse im Cloudgeschäft. SAP hofft, dass sich die Zurückhaltung der Kunden als vorübergehendes Phänomen entpuppt.
CEO Klein betont, das langfristige Ziel bleibe unverändert: beschleunigtes Umsatzwachstum bis 2027. Doch um das zu erreichen, muss SAP nicht nur überzeugen, sondern begeistern – mit Innovation, Tempo und Vertrauen.
Der Konzern hat die Zahlen auf seiner Seite. Aber an der Börse zählen Erwartungen – und die sind derzeit vorsichtiger denn je.

