Speicherchips feiern ihr Comeback
Lange galt die Nachfrage nach herkömmlichen Speicherchips als passé – verdrängt von der Euphorie rund um Künstliche Intelligenz und High-Bandwidth-Memory (HBM). Doch ausgerechnet diese unterschätzte Sparte hat Samsung Electronics im dritten Quartal zu einem unerwarteten Gewinnsprung verholfen.
Der weltgrößte Speicherchip-Hersteller erwartet nach vorläufigen Zahlen einen operativen Gewinn von 12,1 Billionen Won, rund 32 Prozent mehr als im Vorjahr. Analysten hatten lediglich mit 10,1 Billionen Won gerechnet – ein deutlicher Abstand, der selbst Branchenkenner überrascht hat.
Treiber war die rückkehrende Nachfrage nach DRAM- und NAND-Speichern, also klassischen Bausteinen, die in Smartphones, Laptops und Rechenzentren stecken. Laut TrendForce kletterten deren Preise im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 170 Prozent – ein Preisschub, den kaum jemand vorhergesehen hatte.
KI-Euphorie trifft auf Realität
Der Kontrast zur aktuellen Markterzählung könnte kaum größer sein. Seit Monaten dreht sich in der Halbleiterbranche alles um die Hochleistungs-Chips für KI-Server, den sogenannten HBM-Speicher. Nvidia dominiert hier, Samsung läuft hinterher. Doch genau das Segment, das Investoren als Zukunftstreiber feiern, hat sich zuletzt schwächer entwickelt.

Die Nachfrage nach HBM6- und HBM7-Chips blieb unter den Erwartungen, während die Bestellungen aus der Cloud-Branche zögerlicher eintrafen als gehofft. „Der Markt hat sich selbst überschätzt“, sagt ein Analyst des Halbleiterforschungsinstituts IC Insights. „KI treibt zwar das Wachstum, aber die klassische Speicherarchitektur bleibt unverzichtbar.“
Das bestätigt auch Samsungs Ergebnisstruktur: Während der Bereich Device Solutions (Speicher) stark zulegte, blieb das Geschäft mit Premium-Chips und Displays verhaltener.
Vom Überangebot zum Engpass
Dass Samsung nun wieder glänzende Zahlen schreibt, hat auch mit der massiven Bereinigung des Marktes zu tun. Nach einem historischen Preisverfall 2023, als Speicherchips im Überfluss produziert wurden, hatten die Hersteller ihre Kapazitäten stark reduziert.
Nun, da sich die Nachfrage nach PCs, Smartphones und Rechenzentren erholt, treffen geringere Lagerbestände auf steigende Bestellungen. Das Ergebnis: ein Preissprung, der die Margen nach oben treibt.
„Wir sehen eine klassische zyklische Erholung – nur diesmal schneller als erwartet“, so ein Branchenanalyst aus Seoul. Während Konkurrenten wie SK Hynix oder Micron noch an der Kapazitätsplanung feilen, profitiert Samsung von seiner enormen Produktionsbreite.
Zwischen zwei Märkten: Hightech und Massenware
Samsung steht aktuell zwischen zwei Welten. Auf der einen Seite das Premiumsegment – energieeffiziente KI-Speicher, 3-Nanometer-Chips und Logikbausteine für Rechenzentren. Auf der anderen Seite die bewährten Speicherchips für den Massenmarkt.
Interessanterweise war es diesmal nicht die Innovation, die zündete, sondern das Altbewährte. Der Markt für mobile Geräte, der in der Pandemie eingebrochen war, stabilisiert sich wieder. Chinesische Hersteller wie Xiaomi und Oppo ordern wieder größere Mengen, um ihre Lager aufzufüllen.
Für Samsung ist das ein Glücksfall: Das Unternehmen nutzt seine Größe, um in beiden Segmenten präsent zu sein – High-End und Commodity.
Gefahr der Selbstzufriedenheit
Doch der Erfolg birgt Risiken. Analysten warnen, dass der Aufschwung im klassischen Speichersegment nur temporär sein könnte. Sollte die Nachfrage nach HBM wieder anziehen, droht der Preiszyklus erneut zu kippen.
Zudem steht Samsung unter Druck, im Rennen um die nächste Generation von KI-Chips nicht dauerhaft den Anschluss an Nvidia und TSMC zu verlieren. Der südkoreanische Konzern investiert derzeit massiv in neue Fertigungstechnologien, um im Premiumsegment wieder zur Spitze aufzuschließen.
Die strategische Frage lautet: Kann Samsung gleichzeitig der günstigste und der technologisch führende Hersteller sein – oder muss das Unternehmen sich entscheiden?
Stabilität durch Pragmatismus
Während Konkurrenten auf Zukunftsvisionen setzen, profitiert Samsung momentan von seiner Bodenhaftung. Statt auf Hypes zu vertrauen, verkauft der Konzern, was gebraucht wird – und genau das sorgt für volle Kassen.
Der Gewinnsprung zeigt, dass auch im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz klassische Halbleiter noch längst nicht ausgedient haben. Samsungs Stärke liegt in seiner Breite – doch um die Zukunft zu sichern, muss der Konzern bald beweisen, dass er mehr kann als alte Zyklen neu zu beleben.
