Privatanleger entdecken den Verteidigungssektor
Der Wind hat gedreht. Wer heute in Rüstungsunternehmen investiert, wird nicht mehr schief angeschaut – sondern oft belächelt, wenn er es nicht tut. Verteidigung ist längst nicht mehr nur Sache von Staaten.
Anlegerinnen und Anleger mischen mit, und das nicht zu knapp. Seit dem Ukraine-Krieg steigen die Militärausgaben weltweit, und mit ihnen die Kurse vieler Waffen- und Sicherheitstechnologiekonzerne.
Der Markt reagiert schnell: ETFs auf Verteidigung und Sicherheit schießen aus dem Boden. Doch nun tritt eine zweite Welle auf den Plan – aktiv gemanagte Fonds. Sie sind weniger plakativ, teurer, aber womöglich langfristig klüger.
Index starr, Fonds beweglich
ETFs, also passive Indexfonds, funktionieren nach einem simplen Prinzip: Einmal aufgesetzt, bilden sie einen Index ab – egal was passiert. Das macht sie günstig und transparent. Aber eben auch unflexibel.
„Die klassischen Rüstungs-ETFs sind stark konzentriert“, sagt Michel Hoffmann, Manager des neuen European Defence Equity Fund von M.M. Warburg. „Vier bis fünf Titel machen oft über die Hälfte des Portfolios aus.“ Wenn Rheinmetall oder BAE Systems schwächeln, tut es der gesamte ETF.
Aktiv gemanagte Fonds können reagieren – Aktien aufstocken, reduzieren, austauschen. Das erlaubt ein gezielteres Risikomanagement. Und vor allem: den Blick über den Tellerrand.
Zulieferer, Cybersecurity, Sicherheitsdienstleister
Die neuen Fonds setzen nicht nur auf Panzer und Raketen. LBBW, Deka und Co. investieren auch in Themen wie Cyberabwehr, Grenzsicherung oder persönliche Sicherheit. Der Fonds „Sicher Leben“ der LBBW enthält mit Oracle und Broadcom zwei Techwerte, die man auf den ersten Blick nicht im Rüstungskontext verorten würde.

„Wir wollen flexibel bleiben“, sagt Co-Manager Felix Jäger. „Wenn das Thema Rüstung mal abflacht, können wir umschichten.“ ETFs dagegen bleiben beim Thema – auch wenn das niemand mehr spannend findet.
Breitere Streuung, geringeres Klumpenrisiko
Auch bei der Zahl der Einzelwerte unterscheiden sich aktiv gemanagte Fonds deutlich von ETFs. Während der größte Rüstungs-ETF der Welt, der „VanEck Defense“, 31 Titel führt, bringt es der Deka-Fonds auf bis zu 90 Aktien.
„Diversifikation ist für uns zentral“, erklärt Fondsmanager Michael Beyer-Enke. „Wir investieren weltweit in rund 250 Unternehmen, aus denen wir selektieren.“ Damit ist der Fonds weniger anfällig für Rückschläge einzelner Branchen oder Regionen.
Besserer Zugriff auf kleinere Unternehmen
Ein Vorteil, den ETFs selten bieten: der Zugang zu Small und Mid Caps – also kleineren Firmen, oft Zulieferer oder Technologieträger.
„In der zweiten und dritten Reihe gibt es spannende Player, die kaum jemand kennt“, sagt Warburg-Manager Hoffmann. Sein Fonds enthält gut 40 Positionen – darunter Unternehmen, die kurz vor dem Börsengang stehen oder gerade erst entdeckt wurden.
Die ETF-Welt ist auf bekannte Namen beschränkt. Wer auf Innovationschancen setzen will, muss aktiv wählen.
Timing: Was Fondsmanager besser können
Das zweite große Argument der aktiven Fraktion: Timing. ETFs bleiben im Markt, ob die Kurse steigen oder fallen. Fondsmanager können antizyklisch handeln.
„Vor dem NATO-Gipfel im Juni haben wir einige Positionen reduziert“, sagt LBBW-Manager Yannik Schiele. „Als die Kurse gefallen sind, haben wir wieder aufgestockt.“
Solche Manöver kosten Zeit, Daten, Erfahrung – und Personal. Genau deshalb sind aktiv gemanagte Fonds teurer. Aber: Man bekommt auch etwas dafür.
Kritik an Themenfonds – nicht ganz unbegründet
Nicht alle sind überzeugt. Fondskenner Ali Masarwah warnt grundsätzlich vor Themenfonds. Sie kämen oft in Mode – und verschwänden genauso schnell wieder.
„Die durchschnittliche Lebensdauer solcher Produkte ist erschreckend kurz“, schreibt er auf Envestor.de. Viele schaffen es nicht über zehn Jahre. Die Performance sei oft mittelmäßig, die Begeisterung kurzfristig.
Das trifft ETFs und aktive Produkte gleichermaßen. Der Unterschied: Aktive Fonds können sich anpassen – an Märkte, Trends, Interessen.
Kostenfrage: Wer billig kauft, kauft starr
ETFs punkten mit günstigen Gebühren: 0,65 Prozent TER (Total Expense Ratio) beim teuersten Verteidigungs-ETF, oft darunter. Aktive Fonds verlangen rund 1,5 Prozent.
Doch wer nur auf die Kosten schaut, übersieht den Inhalt. Flexibilität, Diversifikation, Timing – das kostet. Aber es kann sich auszahlen.
„Wenn wir das besser machen, rechtfertigt das auch höhere Gebühren“, sagt Hoffmann. „Anleger müssen sich nur fragen: Will ich einfach nur mitlaufen? Oder will ich gestalten?“
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