Es sind nur ein paar Zeilen in einer Pressemitteilung, aber sie haben Wirkung: 21 neue Windturbinen, sechs Projekte, 125,7 Megawatt Leistung. Auftraggeber: der Bremer Projektentwickler wpd, einer der langjährigen Partner des Hamburger Windkraftunternehmens Nordex. Die Anlagen sollen 2026 und 2027 ans Netz gehen, inklusive eines 15-jährigen Wartungsvertrags – ein Detail, das für Investoren fast wichtiger ist als die Turbinen selbst.
An der Börse kommt die Nachricht an: Die Nordex-Aktie legte am Dienstagvormittag um knapp 0,8 Prozent auf 23,12 Euro zu. Für ein Unternehmen, das in den vergangenen Jahren zwischen Hoffen und Kapitalerhöhung pendelte, ist das ein Signal der Stabilisierung.
Ein Markt im Aufbruch – und ein Hersteller, der sich behauptet
Der deutsche Windmarkt erholt sich spürbar. Nach jahrelanger Flaute, Genehmigungsstau und Lieferkettenproblemen zieht das Auftragsvolumen wieder an. Im ersten Halbjahr 2025 wurden laut Bundesnetzagentur rund 3,1 Gigawatt neue Windleistung genehmigt – ein Plus von mehr als 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Nordex, lange Zeit der „ewige Dritte“ hinter Siemens Gamesa und Vestas, profitiert von dieser Trendwende. Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren neu positioniert: Weniger Abhängigkeit von Einzelmärkten, eine fokussierte Turbinenpalette und strikte Kostendisziplin.
Der September-Auftrag zeigt, dass Nordex wieder stärker auf dem Heimatmarkt mitspielt. Deutschland, einst Windkraft-Vorreiter und später Problemfall, ist inzwischen wieder einer der attraktivsten Märkte Europas. Vor allem Projektentwickler wie wpd setzen auf verlässliche Technologie – und auf Hersteller, die auch langfristig ansprechbar bleiben.

Service statt Stückzahl: Nordex setzt auf Verlässlichkeit
Die Wartungsverträge über 15 Jahre sind kein Nebengeschäft, sondern strategischer Kern. Serviceumsätze liefern stabile Margen, während der reine Turbinenverkauf oft von Rohstoffpreisen und Logistikkosten aufgezehrt wird. Branchenexperten schätzen, dass Nordex inzwischen über 30 Prozent seines Umsatzes aus dem Servicegeschäft erzielt – Tendenz steigend.
Damit folgt Nordex einem Trend, den die gesamte Branche vollzieht: vom Projektlieferanten zum Infrastrukturanbieter. In einem Umfeld, in dem sich Ausschreibungen häufig über den Preis entscheiden, sichern langfristige Verträge planbare Einnahmen und verbessern die Bilanzqualität.
Ein Analyst der Hamburger Sparkasse formuliert es so: „Die Zukunft liegt weniger in der nächsten Turbine, sondern in den nächsten 15 Jahren Betriebssicherheit.“
Windenergie im Strukturwandel: Politik und Kapital als Schlüssel
Der Auftrag von wpd fällt in eine Zeit, in der die Bundesregierung Druck macht: Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Dafür braucht Deutschland jährlich rund 10 Gigawatt neue Windleistung – aktuell liegt man bei etwa der Hälfte.
Für Nordex und die Branche ist das Chance und Herausforderung zugleich. Während die Nachfrage hoch ist, bleiben Fachkräftemangel, schleppende Genehmigungen und volatile Stahlpreise Bremsklötze.

Doch die politischen Signale stehen auf Grün. Mit dem „Wind-an-Land-Gesetz“ und der Beschleunigung von Planungsverfahren sollen die Ausbauziele erreichbar werden. Investoren nehmen das ernst: Die Zahl institutioneller Fonds, die in europäische Windprojekte investieren, hat sich seit 2020 verdoppelt.
Nordex im Branchenvergleich
Unternehmen | Sitz | Marktanteil Europa | Servicelaufzeiten | Aktienkurs (07.10.2025) |
---|---|---|---|---|
Nordex SE | Hamburg | ca. 15 % | 15 Jahre (Standard) | 23,12 € (+0,78%) |
Vestas | Dänemark | ca. 33 % | 20 Jahre | 138,60 € (+0,52%) |
Siemens Gamesa | Spanien | ca. 25 % | 10–15 Jahre | 19,44 € (+0,34%) |
Von der Volatilität zur Verlässlichkeit
Noch vor zwei Jahren galt Nordex als Sorgenkind des deutschen Kapitalmarkts. Hoher Wettbewerb, steigende Kosten und Engpässe bei Komponenten drückten die Margen ins Negative. Inzwischen stabilisieren sich die Zahlen. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet das Management ein Umsatzplus im mittleren einstelligen Bereich und eine EBITDA-Marge von rund 6 Prozent – keine Sensation, aber eine Rückkehr zur Berechenbarkeit.
Das neue Auftragsvolumen in Deutschland reiht sich in eine Serie ein: Allein im dritten Quartal meldete Nordex weltweit Bestellungen über 1,6 Gigawatt. Die Pipeline füllt sich, und das Vertrauen kehrt zurück – auch weil das Unternehmen konsequent auf den europäischen Binnenmarkt setzt, während Wettbewerber zunehmend in risikoreichere Regionen ausweichen.
Kapitalmärkte honorieren Substanz – noch zaghaft
Die Nordex-Aktie hat sich seit Jahresbeginn um rund 12 Prozent erholt, bleibt aber unter dem Vor-Corona-Niveau. Analysten sehen Luft nach oben: Das durchschnittliche Kursziel liegt laut Bloomberg-Konsens bei 26,50 Euro.
Doch die Erwartungen sind vorsichtig. Die Branche lebt von politischen Rahmenbedingungen – und ist zugleich deren Spielball. Eine schwächere Konjunktur oder ein Kurswechsel bei der Energiepolitik könnten die Euphorie schnell dämpfen.
Trotzdem: In einer Branche, in der Überkapazitäten und Preisdruck Dauerzustand sind, gilt Nordex derzeit als einer der solide aufgestellten Hersteller Europas.
Rückenwind mit Stabilitätsgarantie
Nordex ist kein Börsenstar – aber ein Unternehmen, das verstanden hat, wie man in einem volatilen Markt Vertrauen aufbaut. Klare Fokussierung, langfristige Verträge und solide Partnerschaften machen den Unterschied.
Der Auftrag mit wpd zeigt, dass sich Verlässlichkeit auszahlt – in Megawatt, in Margen und in Marktwert. Die Energiewende braucht solche Akteure: berechenbar, bodenständig, belastbar. Und Nordex liefert – im doppelten Sinn.
