17. Oktober, 2025

Wirtschaft

Rekord bei Krankmeldungen – Deutschland steckt in einer stillen Gesundheitskrise

Noch nie waren so viele Beschäftigte krank gemeldet wie 2024. Atemwegsinfekte, psychische Leiden und steigende Belastung am Arbeitsplatz treiben die Zahlen nach oben. Eine Analyse der AOK zeigt, warum viele zwar öfter krank sind – sich aber gleichzeitig erholter fühlen.

Rekord bei Krankmeldungen – Deutschland steckt in einer stillen Gesundheitskrise
2024 wurden auf 100 Beschäftigte 228 Krankheitsfälle gemeldet – der höchste Wert seit Beginn der AOK-Erhebungen. Besonders betroffen: Gesundheits- und Sozialberufe.

Krankmeldungen auf Höchststand – AOK spricht von „Warnsignal“

Deutschland ist erschöpft. Laut dem aktuellen AOK-Fehlzeiten-Report erreichten die Krankheitsfälle im Jahr 2024 ein neues Rekordniveau. Auf 100 Beschäftigte kamen 228 Krankmeldungen, im Vorjahr waren es noch 225. Im Schnitt bedeutet das 2,3 Krankheitsfälle pro Arbeitnehmer.
Während die Zahl der Krankschreibungen steigt, scheinen die Fehlzeiten etwas kürzer zu werden – ein Widerspruch, der viel über die Lage der Arbeitswelt verrät.

Denn laut Daten von TK und DAK sind die Beschäftigten zwar häufiger krank, kehren aber tendenziell schneller zurück. Eine trügerische Entwarnung: „Wir sehen mehr Infekte, mehr Stress und gleichzeitig ein Klima, in dem Erholung kaum Platz hat“, sagt AOK-Chefin Carola Reimann.

Atemwegserkrankungen und seelische Belastung – zwei Epidemien gleichzeitig

Den größten Anteil an den Krankmeldungen haben klassische Atemwegserkrankungen. Mehrere Infektionswellen im Winter ließen die Zahlen hochschnellen. Doch die langfristige Entwicklung zeigt ein anderes, weitaus ernsteres Bild: Psychische Erkrankungen sind zur zweiten großen Gesundheitswelle geworden.

In den vergangenen zehn Jahren stieg die Zahl der Fehltage wegen seelischer Leiden um 43 Prozent. Im Durchschnitt fehlen Betroffene 28,5 Tage pro Fall – fast ein ganzer Arbeitsmonat.
Laut dem DAK-Psychreport 2024 verzeichnen Unternehmen mittlerweile 342 Fehltage pro 100 Beschäftigte aufgrund psychischer Erkrankungen. Hauptursachen sind Depressionen, Erschöpfung und Überlastung.

Reimann mahnt: „Führungskräfte müssen mentale Gesundheit endlich als Teil der Unternehmenskultur begreifen.“ Viele Betriebe hätten zwar Fitnesskurse und Rückenschulen, aber kaum Strukturen, um psychische Stabilität zu fördern.

Digitalisierung und Kontrolle: Mehr Krankschreibungen, weil weniger vertuscht wird

Ein Teil des Anstiegs erklärt sich schlicht durch Technik. Seit Anfang 2023 müssen Arbeitgeber elektronische Krankschreibungen (eAU) verpflichtend entgegennehmen. Damit wird jede Krankmeldung automatisch an die Krankenkasse übermittelt – ein System, das Lücken schließt, aber auch die Statistik nach oben treibt.

Missbrauch durch die telefonische Krankschreibung sieht die AOK dagegen nicht. Ganz anders Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Er fordert die Rückkehr zur alten Regelung, nach der ein Attest erst ab dem vierten Krankheitstag nötig war. Die jetzige Fünf-Tage-Regel sei „zu großzügig“ und schade der Glaubwürdigkeit des Systems.

Reimann kontert scharf: „Die Ärzteschaft selbst hat bislang wenig zur Effizienzsteigerung beigetragen – dieser Vorschlag lenkt nur vom eigenen Reformstau ab.“

Die stille Pandemie: psychische Erschöpfung trotz besserer Stimmung

Trotz der Rekordzahlen fühlen sich viele Beschäftigte erholter als in den Vorjahren. Laut der AOK-Befragung können nur noch 18 Prozent nach Feierabend schlecht abschalten – 2022 waren es noch 31 Prozent.

Auch Gefühle wie Wut oder Antriebslosigkeit liegen wieder auf dem Vorpandemieniveau.


Die paradox wirkende Entwicklung lässt sich erklären: Wer psychisch angeschlagen ist, meldet sich heute häufiger krank – anstatt sich durchzuschleppen. Das zeigt ein gesellschaftliches Umdenken, aber auch eine größere Akzeptanz von seelischer Gesundheit als Teil des Arbeitslebens.

Gesundheitsförderung: Gute Ansätze, wenig Teilnahme

Drei Viertel aller Beschäftigten geben an, dass ihr Arbeitgeber betriebliche Gesundheitsförderung anbietet – Bewegungskurse, Stressprävention, ergonomische Arbeitsplätze. Doch nur 48 Prozent nutzen diese Programme tatsächlich.


„Viele Maßnahmen sind zu oberflächlich, um strukturelle Probleme zu lösen“, sagt Arbeitspsychologin Dr. Verena Koch. „Man kann nicht mit einem Yogakurs kompensieren, dass Mitarbeitende dauerhaft überlastet sind.“

Künstliche Intelligenz als Frühwarnsystem für Überlastung

Der Report zeigt auch, dass Künstliche Intelligenz im Arbeitsalltag angekommen ist. 42 Prozent der Beschäftigten geben an, dass KI in ihrem Beruf bereits eingesetzt wird – in Großunternehmen sogar mehr als die Hälfte.
Spannend: Nur fünf Prozent sehen sich als Experten, doch zwei Drittel haben keine Sorge, dass KI ihren Job ersetzt. Im Gegenteil – viele hoffen, dass intelligente Systeme helfen, Stress und Überlastung frühzeitig zu erkennen.

KI-Algorithmen analysieren etwa Arbeitsrhythmen, Kommunikationsmuster oder Ruhezeiten. Weicht ein Mitarbeiter deutlich vom Normalverhalten ab, kann das ein Hinweis auf beginnende Erschöpfung sein. „KI kann kein Mitgefühl ersetzen, aber sie kann Alarm schlagen, bevor jemand ausbrennt“, sagt Reimann.

Deutschland steht vor einer neuen Gesundheitsaufgabe

Der AOK-Report offenbart eine doppelte Realität: Mehr Krankmeldungen, aber auch mehr Bewusstsein für Gesundheit. Die Arbeitswelt wird schneller, digitaler, kontrollierter – und gleichzeitig menschlich verletzlicher.
Die eigentliche Herausforderung für Politik und Unternehmen besteht darin, die Zunahme psychischer Erkrankungen ernst zu nehmen, bevor sie zur wirtschaftlichen Bremse wird. Denn ein Land, das sich immer öfter krankmeldet, hat kein Problem mit Arbeitsmoral – sondern mit Arbeitsbedingungen.

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