Tencent als Zugmaschine
Die Zahlen kommen nicht ganz unerwartet, sind aber dennoch bemerkenswert: Prosus kündigt für das abgelaufene Geschäftsjahr (bis Ende März) einen Gewinnsprung an, der selbst optimistische Erwartungen übertrifft.

Der Gewinn je Aktie aus fortgeführten Geschäften dürfte sich mindestens um knapp 91 Prozent verbessert haben. Im besten Fall, so die Amsterdamer Holding, fällt das Plus sogar doppelt so hoch aus.
Haupttreiber bleibt wenig überraschend Tencent. Die Anteile am chinesischen Online-Riesen gelten seit Jahren als wertvollstes Pfund in der Beteiligungsbilanz von Prosus.
Und die haben seit Jahresbeginn kräftig zugelegt: Rund ein Viertel beträgt das Kursplus der Tencent-Aktie seit Januar. Parallel dazu kletterte auch die Prosus-Aktie um ähnlich satte 25 Prozent – der Schulterschluss zwischen beiden Beteiligungen bleibt eng.
Mehr als nur ein Tencent-Play
Doch die Entwicklung bei Prosus geht inzwischen über die Tencent-Abhängigkeit hinaus. Die Holding verweist ausdrücklich auf die gestiegene Profitabilität auch bei anderen Beteiligungen, die bislang oft im Schatten der China-Beteiligung standen.
Hier zahlt sich aus, dass Prosus in den vergangenen Jahren sein Investment-Portfolio verbreitert hat: E-Commerce, Online-Kleinanzeigen, Essenslieferdienste, FinTechs – viele dieser Bereiche tragen inzwischen substanziell zum Ergebnis bei.
Diese Diversifizierung war auch dringend nötig. Zu groß war in der Vergangenheit die Sorge, dass Prosus im Grunde nur ein verlängerter Arm von Tencent sei – mit allen politischen und regulatorischen Risiken, die China-Investments mit sich bringen. Nun liefert das Management Daten, die zeigen sollen: Prosus kann auch ohne vollständige Tencent-Dominanz wachsen.
Der Naspers-Schatten bleibt
Ganz losgelöst agiert Prosus trotzdem nicht. Die Muttergesellschaft Naspers aus Südafrika kontrolliert weiterhin rund 41 Prozent der Anteile, wie Bloomberg-Daten zeigen.
Ursprünglich hatte Naspers die Börsennotierung von Prosus in Amsterdam 2019 initiiert, um die übermächtige Tencent-Beteiligung aus der eigenen Bilanz herauszulösen und den südafrikanischen Heimatmarkt nicht länger mit dem immer größeren Techanteil zu belasten.
Die strategische Entscheidung entpuppte sich als elegant, aber nicht konfliktfrei. Bis heute wird über die Holdingstruktur und die komplizierte Aktionärsarchitektur diskutiert. Gleichzeitig bleibt die finanzielle Verbindung zwischen Naspers und Prosus eng – ein Fakt, der nicht nur steuerliche und bilanzielle Überlegungen beeinflusst, sondern auch die Bewertung beider Gesellschaften.
Bilanzpoker vor den vollständigen Zahlen
Die vollständigen Geschäftszahlen will Prosus am 23. Juni vorlegen. Dann wird sich zeigen, wie stark die übrigen Beteiligungen neben Tencent tatsächlich performt haben – und ob der Gewinnsprung vor allem ein einmaliger Tencent-Effekt bleibt oder Ausdruck einer nachhaltig breiteren Ergebnisbasis ist.
Investoren werden dabei genau hinschauen: Zwar spiegelt sich die jüngste Kursrally bereits in den Aktien wider, doch der Markt bleibt wachsam. Denn das geopolitische Risiko rund um China bleibt ebenso bestehen wie die anhaltende Kritik an den Bewertungsabschlägen, die Prosus seit Jahren gegenüber dem reinen Nettoinventarwert hinnehmen muss.
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