Polen: Europas leiser Silberriese
185,7 Millionen Unzen in Mexiko, 110 Millionen in China, 108 Millionen in Peru – an der Spitze des globalen Silbermarkts dominieren traditionell die großen Namen des Edelmetallgeschäfts.
Doch auf Platz 6 der Weltrangliste taucht ein Land auf, das viele Investoren in dieser Liga nicht erwarten würden: Polen. Mit stabilen 42,5 Millionen Unzen jährlich zählt das Land seit Jahren zu den bedeutendsten Silberproduzenten der Welt – und bleibt dabei bemerkenswert konstant.
KGHM als Herz der Förderung
Das Zentrum der polnischen Silberindustrie liegt in Niederschlesien. Hier betreibt der Bergbaukonzern KGHM Polska Miedź, eines der weltweit größten Rohstoffunternehmen, die dominierenden Kupfer-Silber-Minen.
Das Besondere: In Polen fällt Silber fast ausschließlich als Nebenprodukt der Kupferförderung an.
Der Konzern verarbeitet dabei Erze mit bemerkenswert hohen Silbergehalten – eine Kombination, die KGHM nicht nur zu einem der größten Silberproduzenten, sondern auch zu einem der profitabelsten Akteure der Branche macht.
Stabile Produktion in unsteten Zeiten
Während viele Wettbewerber 2024 und 2025 teils deutliche Produktionsrückgänge melden mussten – Kinross in Chile halbierte etwa die Ausbeute seiner La Coipa-Mine – behauptet Polen seine Förderung auf Vorjahresniveau.
Diese Konstanz ist kein Zufall. KGHM investiert seit Jahren konsequent in effiziente Fördertechnologien, automatisierte Verarbeitung und den Ausbau seiner Hütten.

In einem zunehmend volatilen Weltmarkt, in dem geopolitische Unsicherheiten, Energiepreise und Umweltauflagen viele Bergbaustandorte unter Druck setzen, verschafft diese Stabilität dem Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
Nachhaltigkeit als Standortvorteil
Anders als viele Länder in Lateinamerika, Asien oder Afrika profitiert Polen von vergleichsweise stabilen politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen.
Zwar stellen auch hier strengere Umweltauflagen und steigende Energiekosten den Sektor vor Herausforderungen, doch gelingt es KGHM, diese durch Effizienzsteigerungen, CO₂-reduzierte Prozesse und modernisierte Logistikketten bislang gut aufzufangen.
Der Standort Europa wird dabei zunehmend auch für internationale Abnehmer attraktiver, die auf nachhaltiger zertifizierte Lieferketten setzen.
Der große Unterschied zum Gold
Im Gegensatz zu Gold, das fast ausschließlich für Investment, Notenbanken und Schmuckproduktion nachgefragt wird, besitzt Silber eine enorme industrielle Bedeutung.
Ob in der Elektronik, Photovoltaik, Medizintechnik oder Wasserstoffwirtschaft: Silber bleibt für viele Zukunftstechnologien unersetzlich. Experten erwarten daher auch in den kommenden Jahren eine wachsende industrielle Nachfrage – nicht zuletzt getrieben durch die globale Energiewende.
Polen dürfte davon weiterhin profitieren, zumal Kupfer – als Hauptprodukt von KGHM – ebenfalls stark in diesen Industrien gefragt bleibt.
Risiken bleiben – doch Polen ist gut positioniert
Natürlich bleibt auch Polens Silberproduktion nicht ohne Risiken. Schwankende Weltmarktpreise für Kupfer und Silber schlagen direkt auf den Gesamtertrag durch.
Hinzu kommen steigende Investitionskosten für neue Abbauzonen, der notwendige Ausbau von Recyclingkapazitäten und ein zunehmend angespannter Arbeitsmarkt im polnischen Bergbausektor.
Doch anders als viele Wettbewerber in Schwellenländern bietet Polen gut ausgebaute Infrastruktur, verlässliche Eigentumsrechte und politische Planbarkeit – Argumente, die in der globalen Rohstoffbranche längst nicht mehr selbstverständlich sind.
Europas unterschätzter Schatz
Während Gold im Scheinwerferlicht der Investoren steht, liefert Polen weiter still und effizient sein Silber an die Weltmärkte. Die 42,5 Millionen Unzen aus Niederschlesien sind nicht spektakulär – aber sie sind berechenbar. Und das allein ist im volatilen Rohstoffgeschäft bereits ein strategischer Vorteil.
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