25. Mai, 2025

Märkte

Platin schlägt zurück – China verdrängt die USA vom Thron

Mitten in der globalen Unsicherheit positioniert sich China als dominierende Kraft im Platinmarkt – und macht dem Gold die Rolle als Krisenmetall streitig. Für Anleger ist das mehr als nur ein Branchentrend.

Platin schlägt zurück – China verdrängt die USA vom Thron
Mit 11,5 Tonnen Platinimporten im April überholt China erstmals Nordamerika und wird zum größten Einzelmarkt für das Edelmetall – ein geopolitisches Signal mit wirtschaftlichem Gewicht.

China kauft sich an die Spitze

Während westliche Märkte noch zwischen Goldpreis-Konsolidierung und Rezessionsängsten pendeln, setzt China ein klares Zeichen: Mit 11,5 Tonnen Platinimporten allein im April erreicht das Reich der Mitte ein Jahreshoch – und übernimmt erstmals die globale Führungsrolle auf dem Platinmarkt. Die Bedeutung dieser Entwicklung reicht weit über die Edelmetallbranche hinaus.

Platin, oft als kleiner Bruder des Goldes unterschätzt, hat in den vergangenen Monaten deutlich an Glanz gewonnen. Das liegt nicht nur am Kursanstieg von rund 10 Prozent seit Jahresbeginn, sondern auch an seiner strategischen Relevanz – vor allem für chinesische Investoren, Industrieunternehmen und Staatsfonds. In der offiziellen Statistik liegt China damit erstmals vor Nordamerika.

Edelmetall im Schatten – bis jetzt

Platin galt lange Zeit als das diskretere Edelmetall: technologische Anwendung, begrenzte Marktbreite, schwankende Preise. Doch in den letzten Quartalen hat sich das Blatt gewendet.

Während Gold und Silber von Zentralbankpolitik und geopolitischen Turbulenzen getrieben werden, profitiert Platin vom langfristigen Umbau der chinesischen Wirtschaft.

Insbesondere in Shenzhen, Chinas Schmuck- und Technologiemetropole, hat die Nachfrage zuletzt deutlich angezogen. Experten sprechen bereits von regionalen Engpässen – nicht wegen fehlender Ware, sondern wegen akuter Übernachfrage. In der Spitze stiegen die Aufschläge für physisches Platin auf über 7 Prozent gegenüber dem Spotpreis – ein Indikator für realwirtschaftlichen Druck.

Drei Faktoren treiben die Wende

Was macht Platin gerade so attraktiv – besonders aus Sicht chinesischer Akteure?

  1. Dekarbonisierung und Wasserstoffwirtschaft: Platin ist ein Schlüsselmetall in der Brennstoffzellentechnologie. China will bis 2030 Weltmarktführer bei grünem Wasserstoff werden – und sichert sich schon heute die nötigen Ressourcen.
  2. Risikodiversifikation bei Investments: In Zeiten stagnierender Aktienmärkte und geopolitischer Risiken greifen institutionelle Anleger verstärkt zu Edelmetallen. Platin wird hier als unterbewertete Alternative zum Gold gesehen.
  3. Inflationsschutz durch Substanz: Während der Yuan schwächelt, bieten harte Assets wie Platin einen stabilen Werterhalt – auch politisch gewollt. Die People’s Bank of China beobachtet diese Entwicklung offenbar wohlwollend.

Markt mit Angebotsrisiko

Während die Nachfrage wächst, bleibt das Angebot knapp. Große Teile der weltweiten Förderung stammen aus Südafrika und Russland – beides Standorte mit instabilen Rahmenbedingungen. In Südafrika lähmen Stromausfälle regelmäßig die Minenproduktion.

In Südafrika, dem Hauptförderland für Platin, beeinträchtigen Energieengpässe und politische Unsicherheiten die Minenproduktion – das Risiko globaler Versorgungsengpässe wächst.

Russland kämpft mit Sanktionen und Kapitalabflüssen. Analysten gehen davon aus, dass sich das Angebotsdefizit bis 2030 deutlich verschärfen könnte.

Die Kombination aus steigender Nachfrage, wachsendem geopolitischem Druck und instabiler Versorgung macht Platin zunehmend zu einem Engpassmetall – mit langfristigem Preispotenzial.

Gold pausiert, aber bleibt gesetzt

Während Platin glänzt, gönnt sich Gold eine Verschnaufpause – zumindest auf dem Papier. Doch dass Ray Dalios Investmentgesellschaft Bridgewater jüngst über 1,1 Millionen Anteile am SPDR Gold Shares aufkaufte, ist ein klares Vertrauenssignal. Gold bleibt der langfristige Absicherungsanker – nicht spektakulär, aber verlässlich.

Der Rückgang in der Vorwoche? Eine normale Konsolidierung nach dem starken Jahresauftakt, sagen Marktteilnehmer. Tobias Kascha von philoro nennt das eine „goldene Atempause“. Die Geschichte des Goldes ist bekanntlich eine der Wiederkehr.

Palladium im Rückwärtsgang

Anders sieht es beim Palladium aus. Der einstige Liebling der Autoindustrie verliert an Relevanz. Weniger Benzinmotoren, mehr Recycling, stagnierende Nachfrage – Johnson Matthey rechnet mit einem ausgeglichenen Markt nach über einem Jahrzehnt des Defizits. Hinzu kommt die Unsicherheit durch Trumps Handelspolitik, die die globalen Lieferketten in der Autoindustrie weiter belastet.

Palladium verliert damit nicht nur an Preis, sondern auch an strategischer Bedeutung – vor allem im Vergleich zu seinem „kleinen Bruder“ Platin.

Was Anleger jetzt wissen sollten

Platin war lange nur ein Nischenthema – das ändert sich gerade rasant. Die chinesische Offensive zeigt: Wer künftig von neuen Technologietrends, strategischer Rohstoffsicherung und alternativen Substanzwerten profitieren will, sollte das Edelmetall nicht mehr ignorieren.

Gold bleibt das Rückgrat in stürmischen Zeiten – doch wer den Blick weitet, erkennt: Der Edelmetallmarkt ist in Bewegung. Und Platin ist dabei, sich aus dem Schatten zu lösen.

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