04. Juli, 2025

Unternehmen

Der Bund zieht sich bei ThyssenKrupp Marine Systems zurück

Die Bundesregierung verzichtet auf eine Beteiligung am U-Boot-Hersteller TKMS – setzt aber auf ein Sicherheitsabkommen mit Vetorecht bei Investoren. Was wie ein Rückzug klingt, ist in Wahrheit ein taktischer Umbau der Einflussnahme.

Der Bund zieht sich bei ThyssenKrupp Marine Systems zurück
Die Bundesregierung verzichtet auf einen Einstieg bei TKMS – sichert sich jedoch über eine Sicherheitsvereinbarung Informationsrechte, Konsultationen und ein Vorkaufsrecht bei strategischen Investoren.

Keine Staatsbeteiligung – aber Einfluss auf Abruf

Der Einstieg des Bundes bei ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS) galt lange als sicher. Es ging um Rüstung, Arbeitsplätze, Industriepolitik – also um gleich mehrere Reizthemen, bei denen der Staat gern mitredet.

Doch nun ist klar: Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD verzichtet vorerst auf eine Beteiligung am U-Boot-Bauer. Stattdessen soll eine sogenannte Sicherheitsvereinbarung her – ein Konstrukt, das weniger nach Kontrolle klingt, aber ähnlich wirkt.

Stille Macht durch Sonderklauseln

Die Vereinbarung soll dem Bund unter anderem ein Vorkaufsrecht einräumen, falls sich ein strategischer Investor für TKMS interessiert. Ein Einstieg wäre damit nicht ausgeschlossen, sondern nur aufgeschoben – je nach politischer Wetterlage.

Hinzu kommen Informationspflichten, Konsultationen und Einflussmöglichkeiten bei sicherheitsrelevanten Fragen. Die Botschaft: Wir sind zwar nicht im Maschinenraum, aber jederzeit am Funkgerät.

Börsengang statt Staatseinfluss

TKMS-Chef Miguel López verfolgt einen anderen Plan: die Börse. Der Konzernumbau sieht vor, TKMS teilweise an Aktionäre abzugeben und perspektivisch Investoren an Bord zu holen.

Der Börsengang ist für dieses Jahr geplant, 49 Prozent sollen in die Hände der Aktionäre wandern. López will weg vom staatsnahen Image, hin zu internationaler Kapitalmarktfähigkeit. Und: Er braucht das Geld dringend. Die Stahlsparte von ThyssenKrupp schreibt tiefrote Zahlen – TKMS ist derzeit das Kronjuwel im Konzern.

Trotz voller Auftragsbücher braucht TKMS staatliche Unterstützung: Für Auslandsverkäufe verhandelt das Unternehmen mit Berlin über Bürgschaften in Milliardenhöhe.

Ampel wollte, scheiterte aber an sich selbst

Die frühere Ampelregierung hatte sich für einen Einstieg starkgemacht – nicht zuletzt, weil die Kontrolle über einen sicherheitsrelevanten Rüstungsbetrieb strategisch sinnvoll erschien.

Doch interne Streitereien – zwischen dem Scholz-geführten Kanzleramt und Habecks Wirtschaftsministerium – verhinderten eine Einigung. Der favorisierte Investor Carlyle sprang ab, ein Deal mit Rheinmetall scheiterte, und Gespräche mit Industriepartnern verliefen im Sand. Am Ende war der Börsengang alternativlos.

Auftragsbücher voll, Sorgen bleiben

TKMS steht wirtschaftlich blendend da: Ein 16-Milliarden-Euro-Auftragsbestand, neue Verträge mit Singapur, Aufträge bis in die 2040er Jahre. Dennoch mahnt IG-Metall-Vize Jürgen Kerner, diese Zahlen nicht als Freifahrtschein für einen Komplettausstieg des Staates zu sehen.

Gerade im sicherheitsrelevanten Sektor könne sich die Lage schnell drehen. Seine Warnung: „Manche bei ThyssenKrupp meinen, die Bundesregierung sei auf uns angewiesen – nicht andersrum. Das halte ich für vermessen.“

Eine absurde Abhängigkeit

Denn Fakt ist: Auch ohne Beteiligung bleibt TKMS stark auf den Staat angewiesen. Die Bundeswehr ist Hauptkunde, Exporte müssen genehmigt werden, und für viele Auslandsgeschäfte braucht es staatliche Garantien.

An einem solchen Paket wird gerade gearbeitet – bis zu zehn Milliarden Euro an Bürgschaften stehen im Raum. Staatlicher Einfluss ohne Anteilsschein – ein deutsches Spezialmodell.

Das größere Spiel: ThyssenKrupps Zerschlagung

Für den Konzern geht es um mehr als TKMS. Der Plan von CEO López ist die komplette Umstrukturierung: Aus einem kriselnden Stahlgiganten sollen kleinere, profitable Einheiten werden.

TKMS ist der erste Testfall – klappt der Börsengang nicht, könnte das ganze Konzept kippen. Auch deshalb setzt López auf einen möglichst geräuschlosen Deal mit Berlin – Sicherheitsvereinbarung statt Beteiligungsdebatte.

Wirtschaftsministerin auf Distanz

CDU-Ministerin Katherina Reiche machte im Bundestag unmissverständlich klar: Eine Beteiligung ist „derzeit kein Thema“. Zwischen den Zeilen ließ sie aber offen, ob sich das bei Bedarf wieder ändern könnte.

Politisch ist das elegant, wirtschaftlich riskant. Denn ein späterer Einstieg könnte deutlich teurer werden – falls TKMS an der Börse plötzlich deutlich mehr wert ist.

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