Es klang harmlos, fast beiläufig – doch die Zahlen haben es in sich: Der britische Energieriese Shell hat in einem aktuellen Trading-Update die Erwartungen für das zweite Quartal merklich gesenkt.
Besonders hart trifft es die integrierte Gassparte sowie den Handel mit Flüssigerdgas (LNG), traditionell eine der stärksten Ertragsquellen des Konzerns.
Die Folge: Die Aktie geriet direkt nach Veröffentlichung unter Druck, verlor rund zwei Prozent – und Analysten stellen sich bereits auf ein schwächeres Ergebnis zum Monatsende ein.
Gassparte schwächelt – trotz hoher Erwartungen
Shell galt lange als Königsadresse im globalen LNG-Handel – nun rücken die Erwartungen zurecht. Für das zweite Quartal rechnet der Konzern mit einem Output zwischen 6,4 und 6,8 Millionen Tonnen LNG – das liegt unter dem bisherigen Zielkorridor.

Auch bei der Gesamtproduktion in der integrierten Gassparte wird die Prognose nach unten korrigiert. Zwar bleibt man mit 900.000 bis 940.000 Barrel Öläquivalent pro Tag in etwa auf dem Level des Vorquartals – doch eine positive Überraschung bleibt aus.
Der strategische Dämpfer wiegt schwer. Shell hatte erst jüngst angekündigt, seine LNG-Verkäufe bis 2030 jährlich um bis zu fünf Prozent steigern zu wollen. Die neue Realität zeigt: Dieses Ziel könnte ambitionierter sein als gedacht – zumal geopolitische Unsicherheiten, volatile Preise und steigende Förderkosten das Umfeld erschweren.

Ölgeschäft stabilisiert – aber nicht ohne Kratzer
Etwas Licht kommt aus der Upstream-Sparte. Hier hat Shell die untere Grenze der Produktionsprognose angehoben – von 1,56 auf nun 1,66 Millionen Barrel pro Tag.
Doch die Kehrseite folgt prompt: Im Explorationsbereich erwartet der Konzern eine Abschreibung in Höhe von 200 Millionen US-Dollar. Gründe nennt Shell nicht, doch die Botschaft ist klar: Die Suche nach neuen Quellen bleibt teuer und risikobehaftet – selbst für einen Giganten wie Shell.
Monaca wird zur Baustelle – Chemiesparte enttäuscht
Besonders bitter fällt das Zwischenfazit im Segment „Chemikalien und Produkte“ aus. Aufgrund ungeplanter Wartungsarbeiten im US-Werk Monaca wird mit einem operativen Verlust gerechnet.
Schon im ersten Quartal lag die Performance dieses Bereichs unter den Erwartungen – nun droht ein weiterer Rückschlag. Shell kämpft hier nicht nur mit technischen Problemen, sondern auch mit Margendruck und schwacher Nachfrage.
Marketing läuft besser – aber nicht wie geplant
Auch das Marketinggeschäft liefert gemischte Signale. Zwar soll das bereinigte Ergebnis im zweiten Quartal über dem Vorquartal liegen, doch beim Verkaufsvolumen zeigt sich ein Rückschritt: 2,6 bis 3 Millionen Barrel pro Tag werden erwartet – das liegt unter der früheren Zielmarke von bis zu 3,1 Millionen Barrel. Gerade in einem Umfeld mit stark schwankenden Preisen ist Effizienz entscheidend – und Shell bleibt hier unter seinen Möglichkeiten.
Anleger hoffen auf das Schlusslicht am 31. Juli
Shell will am 31. Juli die vollständigen Zahlen zum zweiten Quartal vorlegen – das Interesse dürfte diesmal besonders groß sein. Denn was jetzt wie eine vorübergehende Delle aussieht, könnte sich als Trend entpuppen.
Klar ist: Die Zeiten des Selbstläufers im Energiegeschäft sind vorbei. Der Markt reagiert schneller, globaler und erbarmungsloser denn je – und selbst ein Schwergewicht wie Shell kann sich da keine Schwächen leisten.
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