Ein Depot für jedes Schulkind
Die Bundesregierung plant, ab dem 6. Lebensjahr bis zum 18. Geburtstag monatlich 10 Euro pro Kind in ein persönliches Depot zu überweisen – vorausgesetzt, das Kind besucht eine Schule oder andere Bildungseinrichtung in Deutschland.
Rund 700.000 Kinder pro Jahrgang würden profitieren, insgesamt etwa acht Millionen. Das Geld soll langfristig am Kapitalmarkt investiert und im Alter steuerfrei ausgezahlt werden. Laut Koalitionsvertrag ist es „vor staatlichem Zugriff geschützt“.
Klingt nach einem guten Einstieg in die private Vorsorge. Doch schon die erste entscheidende Frage ist offen: Wer verwaltet die Depots, und in welche Anlageklassen wird investiert? Bislang gibt es keine Details – weder zu Banken oder Fondsgesellschaften noch zu den Produkten.
Ausschlüsse und Schlupflöcher
Nicht jedes Kind hätte automatisch Anspruch. Unklar ist, wie mit Jugendlichen verfahren wird, die kein reguläres Schulmodell durchlaufen – etwa Freiwilligendienstleistende oder zeitweise ohne Bildungsstätte.
Ökonomen wie Lukas Menkhoff vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung warnen, dass gerade diese Gruppe am Ende leer ausgeht: „Ausgerechnet die Kinder, die im Alter besonders auf zusätzliche Vorsorge angewiesen wären, verlieren den Anspruch.“

10 Euro im Monat – symbolisch oder substanziell?
Selbst bei optimistischen Renditen summiert sich die staatliche Förderung auf überschaubare Beträge. Christoph M. Schmidt, Präsident des RWI, spricht von einer „trügerischen Sicherheit“.
Sein Argument: Wer glaubt, mit dieser Unterstützung sei die Rentenfrage gelöst, unterschätzt das Problem. Ohne substanzielle Reform der gesetzlichen Rentenversicherung bleibe die Vorsorgelücke bestehen.
Milliardenkosten ohne Finanzierungsplan
Die Zahlen sind schnell hochgerechnet: 84 Millionen Euro pro Jahrgang, bei zwölf geförderten Jahrgängen also rund eine Milliarde Euro jährlich. Noch ist unklar, wie diese Summe dauerhaft im Bundeshaushalt verankert werden soll. In Zeiten knapper Kassen und wachsender Ausgaben für Soziales, Infrastruktur und Klimaschutz wirkt das Projekt wie ein Drahtseilakt.
Zeitplan unter Druck
Der Start zum 1. Januar 2026 gilt als ambitioniert. Gesetzliche Grundlagen, technische Schnittstellen, Anlagemodelle – all das müsste binnen Monaten stehen. Branchenvertreter wie Hans Joachim Reinke (Union Investment) halten das für „schwierig“.
CDU-Finanzpolitiker Carsten Brodesser rechnet bereits mit Verzögerungen: Bis Banken und Versicherer passende Produkte anbieten, könne es länger dauern.
Zwischen Finanzbildung und PR-Aktion
Befürworter wie Menkhoff loben den pädagogischen Effekt: Kinder würden früh mit dem Kapitalmarkt vertraut, Aktien würden zur Normalität. Kritiker wie Schmidt sehen darin eher eine Alibipolitik – eine staatliche Einzahlung ohne Eigenleistung, die den zentralen Lernprozess des Sparens aushebelt.
Projekt mit offenem Ausgang
Ob die Frühstart-Rente am Ende ein sinnvolles Instrument oder ein kostspieliges Symbolprojekt wird, hängt von der Ausgestaltung ab: klare Anspruchsregeln, spürbar höhere Beträge und eine transparente Verwaltung könnten aus der Idee mehr machen als nur eine Schlagzeile. Ohne diese Hausaufgaben droht das Projekt jedoch, schon vor dem Start den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden.
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